1865 Osterreichs Protest gegen die preußische Station in Kiel. 105
beschluß in Berlin als unerträglich mit dem bisherigen
Allianzverhältniß angesehen worden war, so erschien dieser
Einspruch dem preußischen Cabinet als ein Beweis offenbar
feindseliges Willens. Man empfand es um so stärker, als
eben in diesen Tagen Bismarck dem Grafen von Karolyi die erste
Eröffnung über seine Absicht der Einberufung eines schleswig-
holsteinischen Landtags gemacht hatte. Bismarck antwortete
am 17. April nach Wien, ein jeder der beiden Miteigen-
thümer habe als solcher das Recht, die Buchten und Häfen
des Landes für seine Schifffahrt zu benutzen, so weit er da-
durch die gleiche Befugniß des Genossen nicht verkümmere,
und jeder Gedanke hieran liege der preußischen Regierung
ferne. Wenn Osterreich nach den geographischen Verhält-
nissen nicht in der Lage sei, den Kieler Hafen für seine
Flotte zu gebrauchen, so sei dies kein Grund dafür, daß das
anders gelegene Preußen ihn ebenfalls todt liegen lasse.
Roon's Erklärung im Abgcordnetenhause besage nichts, was
nicht dem Wiener Hofe seit langer Zeit aus zahlreichen Mit-
theilungen bekannt sei, nämlich, daß Prcußen unter keinen
Umständen in eine Lösung der schleswig-holsteinischen Frage
cinwilligen würde, wobei es nicht im Besitze des Kieler
Hafens bliebe. Übrigens werde Osterreich nicht behaupten
wollen, daß das Obercommando in den Herzogthümern zu
jeder Anderung der Garnisonsverhältnisse oder jedem Aus-
tausch der Besatzungstruppen der Erlaubniß beider Re-
gierungen bedürfe, und Prcußen sei bercit, ebenso viele Land-
truppen aus Holstein wegzuziehen, wie das nach Kiel be-
stimmte Seebataillon Köpfe zähle. Der König habe bei
dieser Sachlage den österreichischen Protest nur mit hohem
Befremden entgegen nehmen können.