108 sterreich und der Bundestag. 1865
hältnißmäßig unbestimmten Daten begnügen, als ohne Noth
in die Entschließungen der dortigen Staatsmänner einen
Zündstoff werfen, welcher den Frieden vorzeitig gefährden
könnte. Wir müssen sorgfältig vermeiden, wider unsern
Willen, oder früher, als die Umstände es gebieterisch er-
heischen, in das Fahrwasser der französisch-italienischen Politik
gezogen zu werden, so lange uns die Möglichkceit friedlicher
Beziehungen zu Osterreich offen bleibt.“
Usedom antwortete umgehend, am 26. April, er könne
mit voller Sicherheit erklären, daß bei einem großen Kriege
Preußens gegen Osterreich, Italien auf der Stelle mit
250000 Mann Venetien angreifen würde. Napoleon würde
cs nach seiner ganzen italienischen Politik nicht hindern können,
noch wollen. Auch Goltz glaubte annehmen zu dürfen, daß
Napolcon den Italienern freie Hand lassen würde; von einer
Annäherung desselben an Osterreich sei nichts zu entdecken.
Indessen hatte Bismarck einen neuen Faden angeknüpft,
der möglicher Weise zu einer friedlichen Lösung führen
mochtce.
Lir haben schon oben bemerkt, daß der Minister in
seiner festen Uberzeugung von der Richtigkeit der preußischen
Begehren sehr ernstlich den Gedanken der Berufung eines
schleswig-holsteinischen Landtags unter der Herrschaft des
Condominiums gefaßt hatte. Wenn nicht gerade die preußische
Annexion, wohl aber die Zustimmung zu den Februar-
Forderungen meinte er bei dem gleich dringenden Bedürfniß
der Herzogthümer, Preußens und Deutschlands, erreichen zu
können. Freilich, bei der ersten Erwähnung cines solchen
Gedankens in befreundeten Kreisen erfuhr er allseitigen Wider-
spruch. Der Gesandte von Richthofen in Hamburg, Baron