Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Bismarck wünscht einen schlesw.-holstein. Landtag zu berufen. 109 
Scheel-Plessen in Holstein, Freiherr von Zedlitz in Schleswig, 
erklärten einstimmig das Unternehmen für hoffnungslos. 
Nicht bloß, daß die Vereine die Wahlen in Holstein voll- 
ständig, in Schleswig zu großem Theile beherrschen, die 
Majorität des Landtags also sicher augustenburgisch sein 
würde: sondern schon die Wahlen würden im ganzen Lande 
die Leidenschaften in neue Hitze bringen, und die Versamm- 
lung gleich in ihrer ersten Sitzung den Herzog Friedrich VIII. 
als einzig rechtmäßigen Landesherrn proclamiren, und bis 
zu dessen Einsetzung ihre Incompetenz zu jeder Beschlußnahme 
erklären. Der Großherzog von Oldenburg, welchen Bismarck 
von seinem Plane unterrichtete, ließ ihm sagen, daß die An- 
kündigung der Absicht ein trefflicher Schachzug gegen die 
Mittelstaaten sei, welche ihrerseits schon an einen Antrag 
dieses Inhalts beim Bundestag dächten, daß jedoch die Ver- 
wirklichung der Maaßregel Preußen zu einer sichern Nieder- 
lage führen werde. Bismarck aber, in dessen Art es nie- 
mals lag, einen einmal gefaßten Gedanken leicht auszugeben, 
ließ sich dadurch nicht beirren. 
Kurz zuvor hatte Werther nach einem Gespräche mit 
Biegeleben berichtet, man scheine in Wien nicht abgeneigt, 
die Feststellung der Verhältnisse in Schleswig-Holstein einer 
directen Verständigung zwischen Preußen und dem einzu- 
setzenden Landesherrn zu überlassen; OÖsterreich werde nie 
eine positive Genehmigung der preußischen Forderungen selbst 
aussprechen, vielleicht aber sich passiv dazu verhalten, wenn 
der künftige Landesherr sie annähme. Hieran anknüpfend, 
schrieb Bismarck am 17. April, Preußen trage kein Bedenken, 
diesen Weg einzuschlagen, wenn Osterreich bereit wäre, den 
Prätendenten, mit dem wir uns verständigt hätten, mit uns
	        
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