124 Esterreich und der Bundestag. 1865
In der Seele des Königs mochten diese Voten streitende
Gefühle erwecken. Noch überwog, wie es schien, bei ihm das
Sträuben gegen den Bruch mit dem alten Alliirten. Wohl
hätten wir, sagte er, auch ohne ÖOsterreich die Herzogthümer
erobert; sein Bündniß aber hat uns den europäischen Krieg
fern gehalten. Indessen wandte er sich noch zu Moltke:
was ist die Meinung der Armee? Meine persönliche Ansicht
ist, erwiderte der General, daß die Annexion die einzige heil-
same Lösung für Preußen und für Schleswig-Holstein ist.
Der Gewinn ist so groß, daß er einen Krieg verlohnt. Ge-
rechtfertigte Ansprüche Osterreichs sind zu befriedigen; gelingt
das nicht, so muß man zum Kriege fest entschlossen sein. So
viel ich weiß, geht die Meinung des Heeres auf Annexion.
Ich halte eine siegreiche Durchführung des Kriegs für möglich;
auch die numerische Ubermacht am entscheidenden Punkte kann
erreicht werden, wenn der Theil der Landwehr, der sonst für
die jetzt nicht bedrohten Festungen bestimmt ist, mit in das
Feld rückt.
Der König aber schloß jetzt die Conferenz mit der Er-
klärung, daß er sich seine Entschließung noch vorbehalte.
Somit blieb es zur Zeit bei der Aufrechthaltung des
Februar-Programms, und überhaupt bei dem bisher einge-
haltenen Gange der Verhandlungen. Zu der Sendung Man-
teuffel's war demnach kein Grund vorhanden.