Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

132 Preußisches Ultimatum. 1865 
terer Weise darüber aufgeklärt, mit welcher Ungunst trotz 
aller schönen Redewendungen in Wien der Plan eines schles- 
wig-holsteinischen Landtags betrachtet wurde. Graf Karolyi 
ließ damals ein Schreiben seines Ministers vom 5. Juni in 
Bismarck's Händen, welches mit dem Satze begann, jener 
Vorschlag sei nicht mehr geeignet, den Weg zu einer annehm- 
baren Lösung abzukürzen, sondern drohe im Gegentheil, neue 
Verwicklungen herbeizuführen: die Berufung des Landtags sei 
Osterreich stets als völlig überflüssig erschienen, wenn Wien 
und Berlin einig seien, und als sehr gefährlich, wenn das 
Gegentheil der Fall wäre. Alles komme auf die baldige 
Wahl eines Souveräns an; ÖOsterreich bleibe bei seinem 
Votum für Augustenburg, sei übrigens auch bereit, die Olden- 
burger Candidatur zu erwägen. Ebenso dringend aber sei 
auch die Entscheidung über die preußischen Forderungen vom 
22. Februar. Österreich habe sie am 5. März abgelehnt; 
deshalb aber habe Preußen keinen Grund gehabt, die Unter- 
handlung für abgebrochen zu erklären. Wir hegen also, 
sagte Mensdorff, die ernstliche Erwartung, daß Preußen den 
Faden derselben an dem Punkte, wohin wir ihn am 5. März 
geführt haben, wieder aufnehmen und mit weiser Mäßigung 
die Gegensätze lösen werde. Der Hafen von Kiel und die 
Garnison von Rendsburg werden keine Schwierigkeit bilden; 
über die maritimen Leistungen der Herzogthümer wird die 
Verständigung möglich sein; über die militärischen Verhält- 
nisse wird der Bund das letzte Wort zu reden haben. Würde 
jedoch, schloß diese Depesche, das jetzige Provisorium noch 
länger fortdauern müssen, so beantrage Osterreich die Ver- 
minderung der preußischen Besatzungstruppen von 16000 auf 
ungefähr 10000 Mann.
	        
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