Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

146 Preußisches Ultimatum. 1865 
demonstration erstaunt und verdrießlich gewesen, dann aber 
gemeint hätte, man würde den Leuten, wenn sie nicht grobe 
Ausschreitungen begingen, nichts anhaben können. In den 
nächst folgenden Tagen kamen dann die Nachrichten über den 
Verlauf der erbprinzlichen Geburtstagsfeier. Auf Zedlitz's 
Betreiben hatte die Landesregierung noch am 5. Juli eine 
Verfügung erlassen, welche zur Vermeidung politischer De- 
monstrationen, allerdings in matten und zweideutigen Aus- 
drücken, mahnte. Das platte Land verhielt sich am 6. durch- 
gängig ruhig; in den Städten aber war überall geflaggt, 
zahlreiche Festessen fanden in geschlossenen Räumen Statt. 
Der Prinz empfing eine Menge von Deputationen aus allen 
Theilen des Landes, darunter auch einzelne Beamte. Endlich 
in Kiel lud die Universität durch öffentlichen Anschlag zur 
Feier des Geburtstags des Allerhöchsten Fürsten und Herrn, 
Sr. Hoheit des Herzogs Friedrich VIII., alle herzoglichen 
und städtischen Behörden u. s. w. ein; in der geschmückten 
Aula hielt Professor Forchhammer die Festrede, welche den 
Herzog als den Landesherrn feierte, Schleswig-Holsteins 
Volk zu Treue und Gehorsam gegen ihn ermahnte und in 
heftigen Sätzen Preußens rechtswidrige und freiheitsfeindliche 
Bestrebungen bekämpfte. Unmittelbar nachher wurde die 
Rede in Tausenden von Exemplaren durch das ganze Land 
verbreitet, und der Sprecher in der Zeitungspresse mit be- 
geistertem Lobe gefeiert. 
Um so mehr blieb der König fest in dem Entschlusse, 
wenn er nicht günstige Nachricht aus Wien erhielte, in 
Schleswig-Holstein sich selbst zu helfen, auf jede Gefahr, auch 
auf die eines Kriegs mit Osterreich. Mit der seiner Regie- 
rung eigenthümlichen Voraussicht und Raschheit ergingen die
	        
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