172 Ssterreichische Ministerkrisis. 1865
ständigung mit Österreich jeder andern Combination und
Eventualität vorziehen würde. Zunächst fand diese Behaup-
tung ebenso wie sein Programm lebhaften Widerspruch auf
verschiedenen Seiten. Einzelne Minister wollten Bismarck's
friedlicher Gesinnung nicht über den Weg trauen: sie hielten
den Krieg für gewiß, wenn Osterreich die preußische Anncxion
der Herzogthümer nicht demüthig hinnehme. Müßte es aber
einmal Krieg sein, so wäre der jetzige Augenblick zur Er-
klärung desselben günstig; jetzt stehe ganz Deutschland auf
Osterreichs Seite; aus Paris habe man erfreuliche Kunde,
nach welcher Napoleon einem Angriffe Italiens abgeneigt sei;
Preußens Kriegsbereitschaft sei lange nicht so weit vorge-
schritten, wie Bismarck sie zu schildern pflege; Osterreich
werde Zeit genug haben, sein Heer aus dem Friedensstande
wieder auf die Kriegsstärke zurückzubringen, und für einen
preußischen Krieg würde die Opferwilligkeit der geistlichen
und weltlichen Großgrundbesitzer den Staatscassen Hunderte
von Millionen entgegentragen. Die so redeten, wußten sehr
wohl, daß sie bis zu einem gewissen Grade die öffentliche
Meinung ihres Volkes und Heeres hinter sich hatten. Denn
die Stimmung der Armee hatte seit der Waffenbrüderschaft
des dänischen Kriegs sich gründlich verwandelt. Die Offi-
ciere sagten: wir werden nicht eher rüsten, bis Preußen
ernstlich rüstet; kommt es aber zum Rüsten, so wird es auch
zum Schlagen kommen; zuerst hat Preußen die Bundes-
truppen aus Schleswig-Holstein verjagt; jetzt will es den
Augustenburger und schließlich auch Osterreich hinausdrücken,
und reicht deshalb Osterreichs erklärtem Feinde, Italien, die
Hand entgegen: aber noch gibt es eine österreichische Armee und
noch ein schwarz-gelbes Banner. Die Zeitungen redeten täglich