1865 Prüfung des Vorschlags im österreichischen Ministerrath. 173
von preußischen Gewaltthaten in Holstein, von Bismarck's
Tyrannei in Preußen, und von der Beschimpfung Osterreichs,
wenn es vor einem solchen Gegner zurückweiche. Auch in
Ungarn wünschten die leitenden Parteien den Bestand der
Gesammtmonarchie, und sahen in der deutschen Machtstellung
Osterreichs für die Magyaren eine Garantie gegen das sonst
drohende Übergewicht der Slaven. So konnten jene Minister
mit gutem Grunde auf den Patriotismus der Nation im
Falle eines Bruchs mit Preußen Bezug nehmen!).
Aber auch die entgegengesetzte Meinung war im Minister-
rathe vertreten, und wurde besonders von Esterhazy mit
Nachdruck geltend gemacht. Gerade, wenn man Bismarck's
Friedensliebe nicht traue, solle man um so mehr vermeiden,
ihm den erwünschten Anlaß zum Bruche zu bieten. Man
möge immerhin versichern, daß die Armee rasch genug schlag-
fertig werden könne; aber fest stehe, daß sie es zur Zeit
nicht sei. Im Vertrauen auf patriotische Gaben bei leeren
Cassen einen großen Krieg beginnen, sei unverantwortlich;
ohne Frage unterliege Blome's Vorschlag schweren Einwen-
dungen, aber gerade heraus, es sei zur Zeit für Osterreich
unmöglich, einen großen Krieg zu führen; so möge Blome
nach Gastein gehen, dort möglichst geringe Concessionen
machen, aber jedesfalls den Bruch verhüten?). Der Kaiser,
dem es, wie seinem preußischen Gegner, Herzens= und Ge-
wissenssache war, keinen Schritt zur Ausgleichung unversucht
1) Nach den Berichten des preußischen Militärbevollmächtigten,
Grafen Gröben, in Wien.
*) Nach Mittheilungen von Mensdorff an den hannover'schen Ge-
sandten v. d. Knesebeck, in dessen Bericht vom 7. December. Vgl. auch
Friesen's Erinnerungen II. 128.