Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

180 Ssterreichische Ministerkrisis. 1865 
ihn zu belehren, daß heute Preußen sich von Osterreich eman- 
cipirt habe, und folglich Italien sich von Frankreich emancipiren 
sollte. Es konnte nicht anders sein, als daß er von einem 
solchen Standpunkte aus alle Dinge durch täuschende Gläser 
sah. Seine Voraussetzungen waren sämmtlich das Gegentheil 
der Wahrheit. Zwischen Frankreich und Osterreich bestand 
damals keine Übereinkunft; Frankreich hatte keine Einwendung 
gegen einen italienischen Krieg; Osterreich wollte unter keinen 
Umständen Venetien freiwillig abtreten; Preußen dachte an 
ein italienisches Bündniß nicht als eine diplomatische Finte, 
sondern als Mittel eincs ernsten Kriegs für große Zwecke. 
Als später diese Thatsachen offenbar und unwiderleglich ge- 
worden waren, schrieb La Marmora, mit starker Indiscretion 
und mäßiger Wahrheitsliebe, ein Buch, um haarscharf zu 
beweisen, daß er zu jedem seiner Schritte durch correcte 
Schlüsse und zwingende Gründe genöthigt worden sei. 
Warum trotzdem jeder seiner Schritte ein Fehler gewesen, 
bemühte er sich nicht, zu erklären. 
Als Bismarck den Bericht Usedom's über die mit La 
Marmorga gepflogene Erörterung erhielt, beeilte er sich, durch 
einen Erlaß vom 1. August die Frage wieder in ihren rich- 
tigen Zusammenhang zu rücken. Indem er zunächst die Wider- 
sprüche zwischen Nigra's und La Marmora's Außerungen 
betonte, fuhr er fort!: 
„Für uns ist von höchster Wichtigkeit, zu wissen, ob wir 
auf ein entschiedenes und schleuniges Eingreifen Italiens 
rechnen können, oder ob es zögern, abwarten, von fremden 
Impulsen abhängen wird. Können wir nicht mit Sicherheit 
auf seine Mitwirkung rechnen, so fragt es sich, ob wir nicht 
1) Abkürzender Auszug.
	        
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