1865 Bismarck's Standpunkt. 181
lieber unsere Forderungen an Osterreich mäßigen, und uns
mit den immer nicht unbedeutenden Vortheilen begnügen, die
wir auf friedlichem Wege erlangen können. Wir könnten
dann suchen, den Bruch zu vermeiden: im entgegengesetzten
Falle würden wir ihn nicht provociren, aber der Eventualität
desselben mit größerem Vertrauen entgegensehen. Die Vor-
aussetzung, welche Beide, Nigra und La Marmora, aus-
sprechen, daß unser Krieg, wenn Italien Theil nehmen sollte,
ein ernster sein müßte, ist selbstverständlich. Wir würden
ihn mit aller Macht führen und führen müssen. Den Erfolg
kennen wir natürlich nicht. Wenn aber La Marmora meinen
sollte, ihn abzuwarten, ehe er handelt, so könnte er bei
einem schnellen Verlauf des Ereignisses jeden Einfluß auf
den Inhalt des Friedens einbüßen. Ich will den Gedanken
eines vorherigen Bündnisses damit nicht abweisen. Es könnten
beide Staaten wenigstens die Pflicht übernehmen, keinen
Frieden zu schließen ohne dic Sicherung des beiderseitigen
Besitzstandes vor dem Kriege. Eroberungen hängen vom
Kriegsglück ab und lassen sich nicht garantiren. Wir würden
dem Gedanken eines solchen Bündnisses näher treten, sobald
der Krieg mit Osterreich sich unvermeidlich zeigte. Noch ist
die Möglichkeit eines Nachgebens Osterreichs nicht ausge-
schlossen; noch können wir uns nicht verpflichten, den Bruch
herbeizuführen und den Krieg hervorzurufen. Von wesent-
lichem Einfluß auf unsere Erwägungen hierüber wird die
Beantwortung der Frage sein, was wir von Italien zu er-
warten haben, wenn es zum Kriege kommt.“
Bismarck durfte hoffen, dem Grafen Usedom hiemit das
Material zur Aufklärung La Marmora's über die wirkliche
Sachlage gegeben zu haben. Ein sehr einfacher Satz sagte