1865 Entscheidung durch die europäische Lage. 191
des Volkes sei er für die preußische Annexion der Herzog-
thümer; er werde beim Ausbruch des Kricgs Italien nicht
hindern, auf eigene Gefahr daran Theil zu nehmen, jedoch
werde Italien wahrscheinlich erst dann losschlagen, wenn sich
der Charakter und die Ziele des Kriegs deutlich ausgesprochen
hätten; jedesfalls könne man dem Beginne eines Kampfes
zwischen Preußen und Osterreich nur mit Sorge über dessen
unberechenbare Folgen entgegen sehen. Die Frage des Grafen,
ob Napoleon sich durch einen förmlichen Vertrag zur Neu-
tralität verpflichten würde, verneinte sie bestimmt. Die An-
sichten des Kaisers seien bekannt, er begehre für Frankreich
keine Vergrößerung, sondern Ruhe und Frieden, aber un-
möglich könne er sich auf alle Fälle die Hände binden. End-
lich sagte eine Depesche des Prinzen Reuß aus München vom
11. August, daß Pfordten zwar sehr ärgerlich über den Erb-
prinzen von Augustenburg sei, welcher seine Mahnungen
keiner Antwort würdige, aber mit um so größerer Spannung
das Ergebniß der Gasteiner Verhandlung erwarte; käme cs
unglücklicher Weise dort zum Bruche, so würde es Bayern
unmöglich sein, neutral zu bleiben, und mit Gewißheit könne
er erklären, daß sämmtliche Mittelstaaten sich in demselben
Falle befinden würden.
Diese Aussichten auf die Haltung des Auslandes beim
Eintritt einer kriegerischen Wendung waren nicht glänzend:
völlige Unzuverlässigkeit der französischen Politik, fortdauernde
Unentschlossenheit der italienischen Regierung, sichere Partei-
nahme der deutschen Mittelstaaten für Osterreich. Der Fall
war damit eingetreten, in welchem, wie Bismarck dem Grafen
Usedom geschrieben hatte, „die Frage entsteht, ob wir nicht
lieber unsere Forderungen an Österreich müßigen und uns