1865 Feindseliges Circular des französischen Ministers. 205
Wie wir mehrmals bemerkten, hatte Drouyn de Lhuys
von jeher größere Sympathie für Osterreich als für Preußen
gehabt, niemals die Wünsche seines kaiserlichen Gebieters für
Italien getheilt und folglich auch sich über die Möglichkeit
eines preußisch-italienischen Kriegs gegen Osterreich nicht ge-
freut. So fanden wir ihn, wie er La Marmora die kaiserliche
Erlaubniß zum Vorgehen mittheilte, dann aber seinerseits die
dringenden Rathschläge zu Zaudern und Abwarten hinzufügte.
Jedesfalls sollte nach seiner Ansicht Preußen erst dann Unter-
stützung erfahren, wenn es dem französischen Cabinet sehr
realen Antheil am Gewinne zugesichert hätte.
Da nun Goltz so geringe Neigung zeigte, über Land-
gewinn für Frankreich zu verhandeln, so blieb der Minister
um so fester in seinem Streben, den Gasteiner Vertrag bei
Napoleon gegen Preußen zu verwerthen. Der Kaiser kam am
23. August aus dem Lager von Chälons nach Fontainebleau,
und der Minister erstattete ihm dort am 27. Bericht über
Gastein. Dem Kaiser war jede neue Befestigung der öster-
reichisch-preußischen Allianz sehr widerwärtig, und Drouyn
de Lhuys, ohne die Erläuterungen des Grafen Goltz irgend
zu erwähnen, betonte um so mehr die Nichtachtung der
großen Fundamentalsätze der französischen Politik: der popu-
lären Selbstbestimmung und des Nationalitätsprincips, durch
welche der Vertrag die französische Regierung selbst bloß-
stelle, da dieselbe ihre deutsch-freundliche Haltung gegenüber
den dänischen Sympathien Frankreichs eben auf jene Prin-
cipien gestützt habe. So erwirkte er sich eine Weisung, ein
den Vertrag tadelndes Rundschreiben zu verfassen, nach
welchem die französischen Gesandten bei etwaigen Gesprächen
ihre Außerungen einzurichten hätten. Jedoch befahl der