206 Bismarck in Biarritz. 1865
Kaiser ausdrücklich, daß die Gesandten den fremden Höfen
den Erlaß selbst nicht mittheilen sollten: denn in Berlin
sollte man zwar seinen Verdruß erfahren, aber doch jede
unhöfliche Form vermieden werden, welche dann Preußen
dem Wiener Hofe noch stärker annähern könnte.
Am 28. August hatte Napoleon den Grafen Goltz im
engsten Kreise zur Tafel bei sich. Er wußte, daß die persön-
lichen Erlebnisse des Grafen nicht ohne Einfluß auf dessen
politische Auffassungen waren, und verhielt sich demnach gegen
ihn um so zutraulicher und huldvoller, je strenger und be-
lehrender er über die preußische Politik zu reden gedachte.
Gleich nach dem ersten Empfange brachte er das Gespräch
auf die Gasteiner Übereinkunft. Die Frage der Herzogthümer,
sagte er, war stets schwer zu verstehen, und jetzt verstehe ich
nichts, aber auch gar nichts mehr davon; so schneidend wider-
spricht Ihr neuester Vertrag allen Consequenzen Ihres bis-
herigen Programms. Goltz hob den provisorischen Charakter
des Vertrags hervor, einer auf kurze Dauer berechneten Ver-
besserung der völlig in Confusion gerathenen Landesverwal-
tung; der König habe dies einem Bruche vorgezogen, dessen
Folgen unübersehbar gewesen, zumal er — Goltz — nach
Berlin berichtet habe, daß Frankreichs Neutralität wohl für
einen Streit über Schleswig-Holstein, keineswegs aber bei
weiterer Ausdehnung des Kriegs gesichert sei. Hier fiel der
Kaiser ein: Sie haben sich ein großes Verdienst um Ihr
Land erworben durch die Beseitigung aller Täuschungen in
dieser Hinsicht: wie sollte ich im Voraus mich binden, stille
zu sitzen in allen Fällen, nichts zu verlangen, was immer
auch kommen möchte? Sie kennen meine Gesinnungen gegen
Preußen: ich wünsche, ja ich halte es für nöthig, daß es sich