212 Bismarck in Biarritz. 1865
mit Gemahlin und Sohn zu längerem Aufenthalt nach Biarritz
abreiste, Graf Goltz und ein jüngerer preußischer Diplomat,
Sohn des Generals von Radowitz, die ehrende Einladung
empfingen, den Hof dorthin zu begleiten, und dann fortdauernd
des intimsten Verkehrs gewürdigt wurden. Ich weiß nicht,
ob Bismarck schon früher den Gedanken gehabt hat, auch
seinerseits, wie 1864, Erfrischung in dem kräftigen Wellen-
schlag des biscayischen Meeres zu suchen; jedesfalls sprach
er jetzt dem Könige den Wunsch aus, dort mit eigenen Augen
den Stand unserer Verhältnisse zu erkunden. Der König
war Anfangs zweifelhaft, ob nach der erlittenen Beleidigung
dies passend sei. Indessen meldete Goltz auf Grund wieder-
holter Mittheilungen des Kaisers selbst, daß dieser das
Rundschreiben lebhaft bedauere; er sei bei den Zeitungsnach-
richten über Gastein empfindlich berührt worden durch die
Nichtbeachtung aller Prinzipien der napoleonischen Politik,
demnach habe er Drouyn de Lhuys beauftragt, eine Ver-
wahrung an die Gesandten zu schicken; den Wortlaut des
darauf erlassenen Rundschreibens aber habe er nicht gekannt,
und am wenigsten eine Mittheilung desselben an die Höfe
oder gar an die Zeitungen gewollt. Auch habe er schon am
20. September dem Minister befohlen, etwas zur Abschwächung
des Rundschreibens zu thun, und wolle ihn jetzt anweisen,
in einer neuen Depesche wegen des provisorischen Charakters
des Vertrags den Inhalt des Rundschreibens zurückzunchmen.
In der That setzte im Hötel des Quai d'Orsay der Wind
um: am 23. September sandte Drouyn de Lhuys eine De-
pesche nach Berlin, des Inhalts, er ersehe mit Genugthuung,
den provisorischen Charakter des Vertrags, er hoffe also bei
der definitiven Lösung der Frage Grund zu haben, den