Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Die Verwaltung des Generals von Manteuffel. 227 
völkerung neu belebt. Dazu kam Kunde aus Kopenhagen, 
daß der mächtige Kaiser Napoleon auf die Rückcession des 
dänischen Nordens dringe, und die preußische Regierung 
Günstiges in dieser Hinsicht hoffen lasse. So zeigte sich 
das Volk einstweilen gut preußisch, um nicht durch Wider- 
haarigkeit im Einzelnen eine so gnädige Gesinnung des Königs 
zu verscherzen. Vor dem Kriege, wo die Lande sämmtlich 
unter der dänischen Krone standen, hatten sie niemals an 
eine Trennung von Holstein oder an eine Verbindung mit 
Jütland gedacht: jetzt aber ging ihr ganzes Sinnen und 
Wünschen auf die Rückkehr zum dänischen Vaterlande, und 
Anfang September wurde zur Erfrischung der Gemüther eine 
große Massenpilgerfahrt nach Kopenhagen in Scene gesetzt. 
Um so stärker wurde bei den deutschen Schleswigern der 
Groll und Argwohn gegen diese erneuerte Auflehnung des 
dänischen Wesens; auf das Schwerste verdachten sie es der 
preußischen Regierung, daß sie dazu den ersten Anstoß ge- 
geben hätte. Es war ein neuer Hader zu all den bisherigen 
Spaltungen. 
General Manteuffel aber blieb gutes Muthes, seine 
schwierige Aufgabe trotz alledem zu lösen. Er genoß das 
volle Vertrauen des Königs, war allerdings der Leitung des 
Ministerpräsidenten unterstellt, wußte sich aber mit Bismarck 
in so vielen wesentlichen Punkten einig, daß er für sein Handeln 
alle wünschenswerthe Freiheit zu haben glaubte. „In Schles- 
wig, so ungefähr hatte er sich bereits in Gastein erklärt, muß 
man nicht im gewöhnlichen Verwaltungsschlendrian verfahren. 
Das Land ist besetzt, aber nicht gewonnen, nicht unterworfen. 
Hier gilt es, den Leuten persönlich in's Auge sehen, ihnen 
Respect und damit Vertrauen einflößen, rasche Abhülfe bei 
15“
	        
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