Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

234 Leidliches Einvernehmen. 1865 
betrachten Sie sich mein Gesicht, und entscheiden Sie sich 
später, ob Sie mehr Zutrauen zu mir als zu den Zeitungen 
fassen können.“ 
So rund und klar den Dingen auf den Leib gehend, 
hatten allerdings weder Zedlitz noch Halbhuber oder früher 
einer der dänischen Minister gesprochen. Die Einen zürnten, 
die Andern lobten; die Einen nannten den Gouverneur ge- 
schmacklos, die Andern genial; immer war sein Name, im 
Guten oder Bösen, in Aller Munde, und daß er ein Mann 
sei, und zwar ein kräftiger und redlicher Mann, darüber war 
nur Eine Stimme. Und dies war nicht wenig. 
Unterdessen hatte auch General von Gablenz am 
15. September das Regiment in Holstein ergriffen. Seine 
Proclamation an die Einwohner war blumenreich, vermied 
das harte Wort Gehorsam, versprach Aufrechthaltung der 
dort so hoch ausgebildeten Selbstverwaltung, verkündete be- 
stimmte Hoffnung auf den besonnenen gesetzlichen Sinn der 
Bevölkerung. Er setzte zugleich eine „herzogliche“ Landes- 
regierung ein, mit derselben Compctenz zu selbständigen Be- 
schlüssen, wie sie die vorausgegangene gemeinsamc besessen; 
auch die Mitglieder derselben nahm er aus den Räthen 
dieser frühern Behörde, wie wir sahen, ausgesprochenen 
Augustenburgern. Die meisten der sonstigen Beamten ließ 
er bestehen; etwaige Vacanzen wurden ebenfalls mit Trägern 
der Parteifarbe, nicht selten mit den von Zedlitz entlassenen 
Personen, und immer in definitiver Anstellung besetzt. Da 
die Partei in Holstein den Boden in ungleich breiterem 
Maaßze als in Schleswig beherrschte, gewann sich der Statt- 
halter durch dieses Verfahren sogleich eine große Popularität, 
welche er beim persönlichen Verkehr durch treuherzige Höflich-
	        
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