200 Verwicklungen. 1848
nehmenden Schritte. Am 15. Juli verfügte die National-
versammlung die Verdoppelung des Bundesheers durch Er-
höhung der Aushebung auf zwei Procent der Bevölkerung,
unter Wegfall aller bisher in den Einzelstaaten geltenden
Exemtionen. Es war eine in der Sache treffliche Maaßregel,
welche für den Augenblick jedoch bei dem Volke und den
Kammern der Einzelstaaten lebhafte Beschwerden gegen das
Parlament hervorrief. Am 16. Juli erließ dann der Reichs-
kriegsminister ein Rundschreiben an die deutschen Regierungen
nebst einem Aufrufe an die deutschen Truppen, worin er den
Reichsverweser als den höchsten Kriegsherrn in deutschen
Landen bezeichnete; zugleich forderte er die Regierungen auf,
die Truppen jeder Garnison am 6. August zu einer Parade
ausrücken, dort jenen Aufruf verlesen und als Zeichen der
Huldigung die Truppen ein dreimaliges Hurrah auf den
Reichsverweser ausbringen und dann die deutsche Cocarde
anlegen zu lassen.
Da war denn das große Wort gesprochen; die Folge
war, wie nach Camphausen's Erklärung vorauszusehen, ein
völliger Fehlschlag. Was half es, daß die kleinern Staaten
sich fügsam zeigten, wenn die beiden Großmächte den Erlaß
als nicht vorhanden ansahen? Ein Armeebefehl des preußischen
Königs sprach das Vertrauen aus, die Truppen würden ihre
alte Tapferkeit bewähren, wenn sie einmal, auf Befehl des
Königs, unter die Führung des Reichsverwesers zu treten
hätten. Am 6. August aber sollte nirgendwo in Preußen
eine Parade Statt finden. Vollends in Wien war der Kriegs-
minister Latour außer sich, und der ganze Ministerrath ent-
rüstet über die Frankfurter Anmaaßung, und es geschah, daß
die Regierung des Erzherzogs-Stellvertreters darüber eine