Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Osterreichs Mißtrauen gegen Bismarck. 251 
Deshalb also hätte der Minister dem Wiener Agenten in 
Paris entgegen gearbeitet, um mit dem drohenden Bankerott 
die Annahme des pgeußischen Geldes zu erzwingen. Denn 
freilich, nach allen bisherigen Abweisungen, nach dem Sturme 
der Entrüstung, welche der Verkauf von Lauenburg in allen 
Wiener Kreisen hervorgerufen, hätte er es ja sehr wohl ge- 
wußt, daß ohne so gehässige Mittel sein Ansinnen vergeblich 
sein würde. Und dazu kam endlich das Zusammentreffen 
mit Malaguzzi's Sendung. War denn das alte Osterreich 
wirklich schon zertrümmert, und die Reichseinheit in Scherben 
geschlagen, daß seine Bestandtheile in Nord und Süd einem 
jeden Kauflustigen zur Verfügung standen? Konnte man 
ohne Beleidung dem erhabenen Kaiserhause zumuthen, daß es 
die Perlen seiner Krone sich abschachern ließe? Der Kaiser 
war auf der Stelle entschieden. Sein kategorisches Nein 
erging nach beiden Seiten. Schleswig kann nur gegen eine 
Entschädigung an Land und Leuten aufgegeben werden. Eine 
Abtretung Venetiens ist nur nach einem für Osterreichs Waffen 
ehrenvollen Kriege möglich. 
Italien gegenüber klang diese Abfertigung recht kampf- 
bereit. Malaguzzi's Berichte aber brachten trotzdem bei den 
Florentiner Staatsmännern den Eindruck hervor, daß Oster= 
reich nicht mehr an eine Erschütterung des jungen König- 
reiches denke, daß es zu bessern Handelsbeziehungen bereit sei, 
und nur nach einem militärischen Ehrenpunkte noch die Ab- 
tretung Venetiens ohne einen vorherigen Waffengang weigere, 
so daß es sich, wie der Minister Jacini es ausdrückte, in der 
entscheidenden Stunde mehr um ein Duellnach Cavaliergebrauch, 
als um einen wirklichen Krieg handeln würde. Hienach erließ 
dann La Marmora am 25. November 1865 ein Rundschreiben
	        
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