Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

264 Das Ende der österreichischen Allianz. 1866 
Dann fuhr Bismarck fort: 
Die deutsche Frage ruht einstweilen. Bei weiterer Ent- 
wicklung der Beziehungen Osterreichs zu den Mittelstaaten 
mit aggressiver Tendenz gegen Preußen könnte leicht cine 
Wendung eintreten, welche den Bestand des Bundes in Frage 
stellte. In diesem Falle ist eine durchgreifende Initiative 
Preußens in der deutschen Frage nicht von den möglichen 
Eventualitäten auszuschließen. Wenn z. B. die holsteinischen 
Stände gegen unsern Willen zu antipreußischen Zwecken zu- 
sammen gerufen werden sollten, so würden wir zu erwägen 
haben, wie wir auf diese Regungen des Particularismus mit 
der Anrufung der nationalen Gesammtinteressen zu antworten 
hätten. Wir würden alsdann die Basen wieder betreten, die 
wir seiner Zeit dem Frankfurter Fürstentage entgegen setzten. 
Wir haben keinen Grund anzunehmen, daß bei einer Regelung 
der deutschen Angelegenheiten die Haltung Frankreichs uns 
feindselig sein würde. Sollte sie aber auch eine bedenkliche 
sein, so wäre dies nur ein Anlaß mehr, uns auf die tiefere 
nationale Basis zurückzuziehen und die dort vorhandenen 
Kräfte uns zu verbünden. 
Die bevorstehende Schöpfung eines neuen deutschen Zu- 
standes war in diesen Zeilen angekündigt. 
Unterdessen gingen die Dinge in Holstein ihren Gang. 
Es kamen Manteuffel's Berichte über das Anwachsen der 
populären Bewegung, über ein Gerücht, daß ein zweiter 
Augustenburger, Prinz Christian, Verlobter der englischen 
Prinzeß Helene, in Schleswig Wohnung nehmen wolle, über 
beabsichtigte Massendemonstrationen für Berufung des hol- 
steiner Landtags. Noch einmal wandte sich hicrauf Bismarck 
nach Wien. Am 20. Januar 1866 entwickelte er Werther die
	        
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