Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

20 Der italienische Septembervertrag. 1864 
flicten. Aber der positive Verzicht auf Rom war damals 
für ihn wie für jeden italienischen Staatsmann eine politische 
Unmöglichkeit, und so hatte diese geheime Correspondenz keine 
andere Folge, als gesteigerten Unwillen im Vatican. 
Nicht geringer als bei der Curie war der Zorn über den 
Septembervertrag in der Wiener Hofburg. Graf Rechberg 
erklärte dem französischen Gesandten, Herzog von Gramont, 
gerade heraus, das österreichische Cabinet finde sich durch 
Frankreichs Verfahren schwer verletzt. Gramont antwortete, 
wenn Osterreich sich durch den Vertrag verletzt fühle, so sei 
Frankreich nicht weniger durch das Benehmen der drei Erz- 
herzoge verletzt, welche im Laufe des Sommers einen Aufent- 
halt in Paris gemacht, ohne von dem kaiserlichen Hofe irgend 
welche Notiz zu nehmen. Darauf pflog man in Wien weitere 
Erwägung und beschloß, einiger Maaßen einzulenken. Bei 
dem zweifelhaften Verhältnisse zu Prcußen konnte ein offenes 
Zerwürfniß mit Frankreich nur äußerst unbequem erscheinen 
So sandte Graf Rechberg in der zweiten Hälfte des October 
eine Depesche nach Paris, worin er die Hoffnung aussprach, 
Frankreich werde bei der Ausführung des Vertrags für die 
Würde und Sicherheit des Papstes Sorge tragen; Osterreich 
sei bereit, mit dem Tuileriencabinet die römische Frage weiter 
zu erörtern, so daß hoffentlich beide Mächte zu einem Ein- 
verständniß über die gemeinsame Behandlung derselben ge- 
langen würden. Herrn Drouyn de Lhuys mochte diese An- 
näherung seines hochgeschätzten Osterreich recht erfreulich sein; 
bei Kaiser Napolcon aber machte sic geringen Eindruck, und be- 
stimmte ihn am wenigsten, im österreichischen Sinne auf Italien 
einzuwirken. Er blieb bei seinem verdeckten Spiele, floß 
über von Versicherungen seiner Friedensliebe, war weit davon
	        
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