286 Schwüle Luft. 1866
den für sich günstigen Moment zu ergreifen suchen; dies
aber sei von zwei Vorbedingungen abhängig: Preußen denke
einerseits, mit Italien die beiderseitigen Zielpunkte eines ge-
meinsamen Wirkens festzustellen, und wünsche andrerseits
Napoleon's Einverständniß mit diesen Zielen zu constatiren
und die etwaigen Folgerungen zu erfahren, welche der Kaiser
im französischen Interesse daraus herleiten zu müssen glaube.
Goltz bezeichnete darauf als das Object unserer Action
außer der Erwerbung der Herzogthümer eine engere Ver-
einigung der norddeutschen Staaten unter preußischer Leitung,
analog der 1849 für ganz Deutschland aufgestellten Reichs-
verfassung, jedoch mit größerer Beschränkung der parlamen-
tarischen Gewalt und stärkerer Autonomie der einzelnen
Staaten. Als möglich stellte er dabei hin, daß einer oder
der andere dieser Staaten wegen feindseliger Haltung gegen
Preußen eine directere Unterordnung werde erfahren müssen.
Für die Begrenzung des Objectes sei die Voraussetzung, daß
sich Bayern zu irgend einer Art der Mitwirkung bestimmen
lassen und dann die militärische Leitung Süddeutschlands
erhalten würde. Zum Schlusse seines Vortrags bat Goltz
den Kaiser, die Schritte anzugeben, welche er thun zu müssen
glaube, um das französische Nationalgefühl mit einer solchen
Erweiterung der preußischen Machtstellung auszusöhnen.
Napoleon hatte mit sichtbarem Interesse zugehört, und
sprach dann seine Billigung dieser Politik aus; es sei vor-
trefflich, daß sie einen höheren nationalen Ausgangspunkt
nehme, als die Frage der Elbherzogthümer. Aber, sagte er,
ich bin in Verlegenheit, ein demnächstiges Compensations-
object für Frankreich im Voraus zu bezeichnen. Es ist an-
gemessen, daß mir ein solches in Aussicht gestellt, und der