1866 Sendung des Generals Govone nach Berlin. 295
meinte. So erhielt denn Govone keinen Auftrag zum Ab-
schluß eines Italien irgendwie bindenden Vertrags: er sollte
sich über Preußens Gesinnungen unterrichten, und wenn diese
auf große deutsche Politik, auf Krieg gegen Osterreich und
wirksame Verträge mit Italien gingen, darüber einen offenen
Meinungsaustausch pflegen, und insbesondere über die von
Preußen begehrten militärischen Combinationen berichten.
Ubrigens theilte der Minister dem General die rumänischen
Aussichten mit, indem er ihn ermahnte, sich nicht seiner-
seits als Vogelscheuche mißbrauchen zu lassen, mit welcher
Bismarck vielleicht nichts Anderes als die Abtretung Holsteins
in Wien zu erjagen trachte!). Wenn es Govone gelang,
auf diesem Wege von Preußen das Anerbieten eines Schutz-
und Trutzbündnisses zu sofortiger Kriegserklärung gegen
Osterreich zu erhalten, so fand sich La Marmora in der er-
wünschten Lage, je nach den Umständen Preußens Anträge
entweder anzunehmen und Krieg zu führen, oder in Wien zu
Gunsten des rumänischen Tausches zu verwerthen und die
Kriegführung dann Preußen allein zu überlassen.
Schon am Tage seiner Ankunft in Berlin, am 14. März,
hatte Govone, in Gegenwart des Grafen Barral, sein erstes
Gespräch mit Bismarck. Er erklärte seiner Instruction gemäß,
da nach Usedom's wiederholten Mittheilungen Preußen zum
Kriege gegen Österreich entschlossen sei, neige Italien dazu,
diesem Vorgehen behufs Lösung der venetianischen Frage sich an-
zuschließen, wenn durch formelle Verpflichtungen das preußische
1) La Marmora bedauert, im Anfang des Capitel 7 seines Buches,
daß Govone's Instruction verloren gegangen sei, und er nur einige
Hauptpunkte aus dem Gedächtniß wiederholen könne. Indessen läßt
über Inhalt und Tendenz derselben La Marmora's Erlaß an Barral
und der Verlauf der Unterhandlung keinen Zweifel.