Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Schwere Sorgen in Wien. 301 
Nothwendigkeit eingetreten, sich ernstlich für den Krieg vor— 
zubereiten, um so mehr, da seine Heeresverfassung nur eine 
langsamere Mobilmachung als in Preußen zuließ.“ 
Allerdings war die Lösung dieser Aufgabe, zu rüsten, 
ohne als Herausforderer zu erscheinen, nicht leicht. Denn cs 
kam darauf an, dem neutralen Europa kriegsdrohende Schritte 
des Gegners nachzuweisen, welche für Osterreich Maaß- 
regeln der Abwehr nöthig erscheinen ließen, und dieser un- 
berechenbare Bismarck, dem man jede Teufelei zutraute, ließ 
sich schlechterdings auf keinem solchen Schritte betreffen. Daß 
er am 9. Februar gesagt hatte, Preußen stehe fortan zu 
Osterreich nicht besser, aber auch nicht schlechter als zu allen 
andern Mächten, konnte im Ernste doch nicht als Kriegs- 
erklärung verwerthet werden, und daß am 28. Februar cin 
Ministerrath unter Vorsitz des Königs Statt gefunden hatte, 
dessen Beschlüsse niemand kannte, war ein auch in den 
ruhigsten Zeiten nicht ungewöhnliches Ereigniß. So wurde 
die Stimmung in Wien immer gereizter; die großdeutschen 
Näthe der Staatskanzlei waren längst von der Lehre des 
Herrn von Beust durchdrungen, es werde in Deutschland 
nicht eher besser werden, als bis man Preußen zu einer 
„bundescorrecten“ Haltung mit dem Schwerte zurückgezwungen 
hätte, und das bittere Gefühl, durch Rechberg's Politik dem 
Gegner große Vortheile und bestimmte Rechtstitel selbst ge- 
liefert zu haben, trug nicht dazu bei, diese Empfindungen zu 
mildern. Da hörte man plötzlich von einem ersten Beginne 
preußischer Rüstung, von einer Einberufung preußischer Land- 
wehr. Allerdiugs zeigte sich gleich nachher, daßes nichts 
als die alljährliche Controlversammlung der Berliner Land- 
wehr gewesen, mit dem einzigen Unterschiede von dem
	        
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