Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Osterreichische Depeschen vom 16. März. 307 
Mensdorff hätte wohlgethan, dieses Circular zurückzu- 
halten, bis die Voraussetzung desselben, nämlich Bismarck's 
Antwort, ihm vorgelegen hätte. Denn als am 16. Karolyi 
dem preußischen Minister die inhaltschwere Frage stellte, ent- 
gegnete dieser sehr ruhig!): „wenn Sie auf eine solche 
Frage eine eingehendere Antwort wünschen, so muß ich bitten, 
dieselbe schriftlich an mich zu richten; in mündlicher Antwort 
muß ich mich mit dem einfachen Worte Nein begnügen, 
das ich aussprechen kann, ohne vorher die Befehle Sr. Majestät 
einzuholen; wir wünschen im Gegentheil, daß Osterreich 
seinerseits die Verträge von Wien und Gastein genauer be- 
obachte. Als dann Karolyi sich über Preußens Rüstungen 
erkundigte, erhielt er die völlig begründete Auskunft, daß 
von Rüstungen auch nicht die leiseste Spur in Preußen vor- 
handen sei. Karolyi versicherte darauf, wenn, was er nicht 
wisse, in Osterreich wirklich Rüstungen Statt fänden, so 
hätten sie nur die Vertheidigung zum Zweck; Osterreich 
denke nicht daran, Preußen anzugreifen. Solche defensive 
Vorbereitungen, sagte Bismarck, sind für Preußen stets eine 
Gefahr; hat Österreich einmal 150 000 Mann an den Grenzen, 
so ist ein Grund zum Bruche leicht gefunden; das hat 
Preußen 1850 erlebt. 
Nach diesem Gespräche wurde in Berlin erzählt, Bismarck 
habe seinem einfachen Nein noch das Wort hinzugefügt: 
„aber, lieber Graf, glauben Sie denn, daß ich anders geant- 
wortet hätte, wenn ich von kriegerischen Absichten erfüllt 
wärc“ Eine treffendere Kritik der österreichischen Inter- 
pellation ließ sich nicht geben, als in diesem Scherze. 
Indessen, gegen Bismarck's wirkliche Antwort konnte man 
1) Unmittelbar nachher gemachte Aufzeichnung Bismarck's. 
20“
	        
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