320 Antrag auf Bundesreform. 1866
seiner lebhaften Weise nicht allzu stetig in seinen Em-
pfindungen, jedes Mal aber von der gerade vorhandenen
gründlich durchdrungen. Da es ihm zunächst auf die volle
Unabhängigkeit seines bayerischen Staats oder doch auf die
Gleichberechtigung seines Königs mit jedem andern deutschen
Potentaten ankam, so pries er die Bundesverfassung vor
Allem deshalb, weil sie nicht Eine Großmacht, sondern deren
zwei in den Rath der deutschen Regierungen ausgenommen
hatte. Die Summe aller bayerischen Politik lag ihm, wie
wir bemerkten, damals in einem Schaukelsystem zwischen
den beiden Gewaltigen, wo er dann für Bayern, bald rechts,
bald links steuernd, Sicherheit, Einfluß und Vortheil zu er-
langen meinte. In seinen vertraulichen Gesprächen liebte er,
mit Wohlgefallen zu erzählen, wie Bayern auf diese Art in
den Sturmjahren der eigentliche Bewahrer des Bundes ge-
wesen, wie es zu gleichem Zweck den Eintritt Osterreichs in
den Zollverein erstrebt habe, und zu erstreben fortfahren
werde. Ein solches System war offenbar nur unter einer
doppelten Voraussetzung lebensfähig, einer steten Rivalität
zwischen den beiden Großmächten, und einer ebenso steten
Vermeidung eines kriegerischen Bruchs. So war denn auch
sein Streben nach Erhaltung des Friedens, seine Bereit-
willigkeit zu Concessionen an Preußen, sein Vermittlungs-
versuch zwischen Wien und Berlin, durchaus aufrichtig und
redlich gemeint.
Allein der Verlauf der schleswig-holsteinischen Sache er-
schütterte diese Anschauungen des leicht erregbaren Mannes
in allen Beziehungen. Zuerst ließ er sich durch sein Rechts-
gefühl und den Beifall der öffentlichen Meinung verleiten,
als Führer der bundestäglichen Mehrheit gegen beide Groß-