Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

322 Antrag auf Bundesreform. 1866 
eines neuen Staatenbundes zu zeichnen, der aus drei 
Gruppen bestehen würde, nämlich Osterreich, Norddeutschland 
unter preußischem, Süddeutschland unter bayerischem Heer- 
befehle. Wir sehen, wie nahe sein deutsches Zukunfts-Pro- 
gramm dem Bismarck'schen gekommen war, aber eine Ver- 
ständigung war und blieb trotzdem unmöglich, da Pfordten 
auch den neuen Bund nur mit beiden Großmächten, und 
nicht mit Preußen allein, hergestellt wissen, und am wenigsten 
sich auf eine Bundesverfassung mit parlamentarischer Grund- 
lage ohne Osterreich einlassen wollte. Dabei stand von allen 
baycrischen Ministern Pfordten den preußischen Tendenzen 
noch am nächsten, und auch der junge König war durch die 
plötzliche Empfehlung eines demokratischen Bundesparlaments 
erschreckt. So war kein Gedanke an die Annahme des Vor- 
schlags, gemeinsam mit Preußen beim Bundestage die Par- 
lamentswahl zu beantragen. Wenn Preußen den Antrag 
selbst einbringe, werde man ihn wohlwollend aufnehmen; 
man könne jedoch für die Berufung eines Parlaments erst 
dann stimmen, wenn Preußen den Entwurf der künftigen 
Verfassung vorgelegt, und Bayern ihn gebilligt habe. Die 
directe Wahl solle dann kein Hinderniß sein, wohl aber eine 
Ausschließung Osterreichs aus den Verhandlungen. Sollte 
die augenblickliche Entfremdung zwischen den beiden Groß- 
mächten in dieser Hinsicht Schwierigkeiten verursachen, so sei 
Bayern bereit, jede gewünschte Vermittlung zu übernehmen. 
Diesem Erbieten ließ Pfordten unverweilt die Ausführung 
folgen, indem er am 31. März eine gleichlautende Note an 
beide Höfe absandte, in welcher er als wahren Grund der 
vorhandenen Spannung ein Mißbehagen an der jetzigen 
Bundesverfassung bezeichnete, und daran die Aufforderung
	        
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