Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

326 Antrag auf Bundesreform. 1866 
den Bund bringen sollte. Auch König Ludwig von Bayern 
blieb äußerst bedenklich, Pfordten aber hielt noch fest an der 
sehr unsichern Hoffnung, daß die Verfassungsberathung ein 
Ableiter für alle Kriegsgedanken sein würde: er that dem 
entsprechend auch in Wien das Mögliche, um das dortige 
Cabinet zu veranlassen, wenigstens in eine Erwägung des 
preußischen Antrags einzutreten, sistirte die eben begonnene 
bayerische Rüstung, und unterstützte zugleich bei den Mittel- 
staaten Preußens Wünsche über die geschäftliche Behandlung 
des Antrags im Bundestage. Bismarck meinte noch einmal, 
aus diesem Verhalten auf die Möglichkeit einer Allianz mit 
Bayern schließen zu können, und ließ eine Andeutung über 
den künftigen bayerischen Oberbefehl in Süddeutschland nach 
München gelangen. Prinz Reuß aber warnte dringend vor 
einer solchen Täuschung; im Kriegsfalle würde Bayern unter 
allen Umständen zu Osterreich und gegen Preußen stehen; 
selbst wenn die Regierung preußische Sympathien hätte, 
würde sie bei der unendlichen Erbitterung der Volksmassen 
nicht wagen, ihnen Folge zu geben. 
Auch im Auslande erfuhr der Antrag eine sehr ver- 
schiedene Beurtheilung. Einige hielten ihn für gleichbedeutend 
mit einer Kriegserklärung gegen Osterreich, Andere sahen 
darin den verzweifelten Versuch, eine große Popularität im 
Fluge zu erhaschen. Man fragte sich, da die Ablehnung 
oder Verschleppung des Antrags im Bundestage sicher sei, aus 
welchen Gründen sich Preußen einer zweifellosen Niederlage 
aussetze. Die englische Regierung, seit 1864 der preußischen 
gründlich abgeneigt, hatte so eben in Berlin und Wien ihre 
Vermittlung angeboten, dann aber, als Bismarck sie mit der 
Bitte annahm, in Wien ihre guten Dienste wirken zu lassen,
	        
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