Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

26 Ausweisung der Bundestruppen aus Holstein. 1864 
ähnlichen Verfahren und damit zu einer schließlichen Ver- 
ständigung herbeizubringen. Denn der Graf hatte ja per- 
sönlich den Vertrag vom 16. Januar bewirkt, und persönlich 
den Widerstand gegen Augustenburg und die Mittelstaaten 
mitgemacht; offenbar war es schwieriger für ihn als für einen 
bisher unbetheiligten Nachfolger, in einem völlig entgegen- 
gesetzten System unabänderlich fest zu bleiben. Sodann war 
Rechberg, wenn auch kein genialer Staatsmann, doch seit 
langer Zeit erfahren in den Geschäften, kundig in den 
europäischen Verhältnissen, klar über die Gefahren, bei 
welchen es für Osterreich keine bessere Stütze als Preußens 
Freundschaft gab. Dabei stand er von jeher mit Schmerling 
auf schlechtem Fußc, wechselte zwar zuweilen nach momentaner 
Aufwallung seine Haltung, blieb aber stets selbständig in 
seinen Ansichten und Entschlüssen, und während in Wien 
niemand behaupten konnte, auf ihn einen bestimmenden Ein- 
fluß zu üben, bewahrte er dem preußischen Staatsmanne seine 
auf langjährige Achtung begründete Anhänglichkeit. 
Dies Alles war anders bei seinem Nachfolger. Graf 
Mensdorff war ein ritterlicher Officier ohne Furcht und Tadel, 
wohlwollend und rechtschaffen, wenn auch mit einem starken 
Bodensatze wienerischer Schlauheit, nach militärischer Denk- 
weise politisch conservativ gesinnt, in der Diplomatie aber 
vor Allem auf ehrenvolle Festigkeit bedacht. Bei seinem viel- 
fachen Garnisonswechsel und zuletzt bei seiner Leitung des 
galizischen Belagerungsstands hatte er zwar die innern Zu- 
stände des Reiches kennen gelernt und auch von den Aufgaben 
einer Landes-Verwaltung einigen Begriff gewonnen. Aber 
seinen jetzigen Beruf, den er widerstrebend, nur auf förmlichen 
Befehl des Kaisers, übernommen hatte, fand er weder seiner
	        
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