Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Alarmirende Nachrichten aus Italien. 345 
sondern auch gegen den eigentlichen Sünder, gegen Preußen, 
war seit dieser Stunde eine beschlossene Sache. 
Es mag gleich hier bemerkt werden, daß alle diese auf- 
regenden Nachrichten grundlos waren. 
La Marmora's Mißtrauen gegen Preußen war durch 
den Vertrag vom 8. April keineswegs beseitigt worden: So 
wenig kampflustig er war, so wünschte er doch Vernetien, 
wenn nicht durch Kauf, dann durch Krieg zu gewinnen; er 
wartete also mit Ungeduld auf das durch Preußen zu gebende 
Kriegssignal, erlebte aber statt dessen, daß Preußen seit dem 
29. März nicht den geringsten Schritt zur Waffnung that, 
sondern umgekehrt dem Wiener Hofe seine volle Bereitwillig- 
keit zur Abrüstung erklärte. In gereizter Verstimmung über 
dies Hinschleppen und in stets neuen Zweifeln über Preußens 
Muth, war La Marmora durchaus entschlossen, nicht einen 
Tag früher als Preußen an Mobilmachung zu denken, oder 
sich durch eine solche den Kosten und der Gefahr eines ohne 
Bundeshülfe zu führenden Kriegs auszusetzen. Vollends 
bestärkt wurde er in dieser Ansicht durch den Kaiser Napoleon, 
welcher — wir werden sehen, aus welchen Gründen — wie 
vorher den Abschluß des preußischen Bündnisses, so jetzt die 
Vermeidung jedes dem Losbruche näher tretenden Schrittes 
höchst nachdrücklich anrieth. La Marmora gehorchte, schmol- 
lendes Sinnes, aber mit gewohnter Folgsamkeit. Nicht eine 
der nach Wien gemeldeten Maaßregeln war verfügt worden. 
Was die angebliche Verstärkung der Armee um 100000 Mann 
betraf, so lag nichts vor, als die regelmäßige, alljährliche 
Aushebung von 80000 Neeruten, welche das italienische 
Cabinct wegen seiner steten Finanzklemme Anfang Januar 
verschoben, dann aber gegen Ende März bei der Bewölkung
	        
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