1866 Mobilmachung des österreichischen Heeres. 347
Bekanntlich gab es Eisenbahnen in Osterreich, so daß ein-
tretendes Falls die mobilen Truppen der Südarmee bald nach
Böhmen versetzt werden konnten. Aber die Einwirkung auf
die nördlichen Beziehungen ging noch erheblich weiter; sie
war nicht bloß eine in der Zukunft mögliche; sie machte sich
auch sogleich in der Gegenwart handgreiflich geltend. Aus
guten Gründen, damit die Leute nicht gleich zum Feinde
überliefen, hatte man die Einberufung aller Urlauber italieni-
scher Nationalität zur Fahne befohlen: dadurch kamen 28 Ba-
taillone zur vollen Kriegsstärke, von denen 11 im Norden
und 10 in Wien, Linz und Preßburg mit Bahnverbindung
nach Böhmen standen. In die böhmischen Garnisonen selbst
wurde eine Anzahl vierter Bataillone der venetianischen Be-
zirke verlegt. Sodann waren 20 Bataillone, die bisher in
Venetien standen, dort durch Grenzregimenter ersetzt und
wurden einstweilen in Ortschaften an der Odenburger und
der Semmeringbahn untergebracht, von wo auch sie in
wenigen Tagen Böhmen oder Mähren erreichen konnten. Es
war nicht daran zu denken, daß die preußische Regierung,
alle diese Thatsachen vor Augen, noch an eine ernstliche Ab-
rüstung im Norden glauben sollte. Auch gab man sich da-
rüber in Wien keiner Täuschung hin. Obgleich bei dem
preußischen Heere seit dem 29. März tiefe Ruhe herrschte,
obgleich jetzt auch Bismarck's Friedensdepesche vom 21. April
in Wien einlief, schritt man gleich nach den Befehlen über
die Mobilmachung gegen Italien zu den Anordnungen gleiches
Zweckes für die Nordarmee. Am 27. April wurde für alle
vierten Bataillone und ein Infanteric-Regiment die Erhöhung
auf die Kriegsstärke befohlen; am 28. folgte gleiche An-
ordnung für 19 Bataillone Infanterie, Jäger und Pioniere;