Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Erklärung über Schleswig-Holstein und Venetien. 349 
Hiemit aber verband sich in unaufhaltsamer Consequenz 
eine weitere Entschließung. War das Heer einmal mobil 
gemacht, so verbot die üble Lage der österreichischen Finanzen 
schlechterdings ein längeres unthätiges Verharren in einem 
so kostspieligen Zustande. Folglich mußte jetzt die Quelle 
alles Haders, die schleswig-holsteinische Frage, so rasch wie 
möglich aus der Welt geschafft werden. Man beschloß, das 
bereits am 16. März den deutschen Freunden angekündigte 
Verfahren jetzt einzuleiten. Eine zweite Depesche an Karolyi, 
ebenfalls vom 26. April, bot der preußischen Regierung noch 
einmal die bekannten kleinen Vortheile in Schleswig-Holstein 
an, erklärte aber zugleich, daß, wenn Preußen hierauf nicht 
eingehe, Osterreich gezwungen sein würde, die ganze Frage 
zur Entscheidung des Bundestags zu stellen, und zugleich die 
schleswig-holsteinischen Landstände zur Kußerung darüber auf- 
zufordern. Daß man in Wien über die Tragweite dieser 
Erklärung und die Aufnahme derselben in Berlin vollkommen 
klar sah, zeigt die Thatsache, daß man unmittelbar nach der 
Absendung der Depesche, ohne Preußens Antwort abzuwarten, 
zu den oben erwähnten Befehlen über die Mobilmachung der 
Nordarmee schritt. Die Bedeutung derselben, an sich unzwei- 
deutig, tritt in volles Licht durch den Umstand, daß in den- 
selben Tagen Graf Mensdorff, im Verfolg der seit Jannar 
begonnenen Gespräche, der französischen Regierung das Aner- 
bieten machen ließ, wenn Frankreich und Italien bei dem bevor- 
stehenden Kriege neutral blieben, Venetien freiwillig abzutreten, 
sobald die österreichischen Waffen dem Kaiser Schlesien zurück- 
crobert hätten. Man rüstete also gegen Italien, so zu sagen, 
Anstands halber, das wirkliche Ziel auch der Südarmce lag 
im Norden. So hatte der ursprüngliche Wunsch, sich zu einer
	        
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