1864 Österreichische Depeschen über Schleswig-Holstein. 29
wissen werde, so weit dies nöthig, um der höhern Rücksicht,
der Erhaltung und Befestigung des österreichisch-preußischen
Bündnisses, Genüge zu thun.“
Nach dieser hoffnungsvollen Einleitung besprach Mens-
dorff die verschiedenen Möglichkeiten, die sich für die Lösung
der Frage darzubieten schienen.
Zunächst die Annexion der Herzogthümer an die preußische
Monarchie. Der Kaiser ziehe auch jetzt, in Rücksicht auf
Deutschland und Europa, so wie auf das moralische und
politische Interesse der beiden Mächte, eine uneigennützige
Verfügung über die Herzogthümer allen territorialen Combi-
nationen vor, an welchen die Mächte betheiligt wären, und
zähle dabei besonders auf das persönliche erleuchtete Urtheil
und die weise Selbstüberwindung des Königs. Was würde
Deutschland sagen, wenn die gesammtdeutschen Rechte und
Interessen zum einseitigen Vortheil Preußens ignorirt würden?
Welche Compensationen würden die außerdeutschen Großmächte
in einem solchen Falle begehren? Dazu kämen die rechtlichen
Schwierigkeiten. Preußen und Osterreich hätten die Rechts-
titel Christian's IX. stets für zweifelhaft erklärt. Wollten wir
diese Zweifel im eigenen Hause niederkämpfen, was unmöglich
ist, so würden die übrigen deutschen Regierungen sie uns
entgegen tragen; wir würden zwischen der Erhaltung der
Bundesacte oder der preußischen Allianz wählen müssen.
Sodann die Gründung eines halbsouveränen Staats,
eine Anomalie, die noch stärker als die Annexion den Inter-
essen der bestehenden Rechtsordnung widerstrebe. Innerhalb
des Bundesrechts erkennen wir gerne Preußen maritime und
militärische Vortheile zu. Aber das Bundesrecht verbiete es,
den neuen Staat wesentlicher Hoheitsrechte zu entkleiden.