1866 Neue Wendung der französischen Politik. 367
Sowohl der König als Bismarck bezweifelten die Richtig-
keit dieses Schlusses; sie neigten zu der dieses Mal allerdings
irrigen Annahme, daß Goltz in seiner bekannten Erregbarkeit,
wie oft zu rosig, so dieses Mal zu schwarz gesehen und auf
flüchtig hingeworfene Außerungen ein zu großes Gewicht gelegt
habe. Jedesfalls telegraphirte Bismarck auf der Stelle,
3. Mai, an Goltz: wenn man von uns Anerbietungen, gleich-
werthig den österreichischen, wünscht, müssen wir diese kennen,
um zu beurtheilen, ob wir solche Zusagen geben können; die
Forderung, welche dem Anscheine nach gemacht werden will, hat
keine Aussicht auf Erfolg; doch ist es Angesichts des Congresses
nicht rathsam, sich jeder Verhandlung darüber zu versagen.
Ob Osterreich in der That, wie Goltz glaubte, damals
schon dem französischen Cabinet für irgend welche Unter-
stützung die Rheinlinie oder Stücke rheinisches Landes ver-
heißen hat, ist aus dem mir vorliegenden Material nicht zu
entnehmen. Wohl aber hat in diesem Zeitpunkt Osterreichs
Entgegenkommen und Preußens Zurückhaltung eine bestimmte
Schwenkung der französischen Politik bewirkt.
Für Napoleon's Bestrebungen war bei dem raschen
Heranwachsen der Krisis mehr als je die Constituirung
Italiens der entscheidende Punkt. Wenn ich dies Werk, sagte
er in jenen Tagen dem englischen Botschafter, nicht zur
Vollendung bringe, so wird der Thron meines Sohnes auf
einem Vulcan stehen. Seit Jahren hatte ihn unter jeder
Conjunctur diese Auffassung zur Annäherung an jeden Gegner
Osterreichs gewiesen, und da er selbst einen zweiten Krieg
gegen diese Macht nicht zu führen wünschte, zur Beförderung
jedes Haders bestimmt, in welchen dieselbe mit einem Dritten
gerieth. Wir haben gesehen, wie er sich demnach seit 1864