370 Letzter Einigungsversuch. 1866
einen ansehnlichen, materiellen Vortheil für Frankreich selbst
aufzuweisen vermochte. Einen solchen hatte er bisher mit
Preußen zu verabreden gedacht, und auch zuletzt noch, als
Osterreichs neueste Anerbietungen einliefen, jene Sondirung bei
dem preußischen Botschafter versucht. Leider aber ergab sich
auf dieser Seite, wenn gleich nicht kategorische Ablehnung,
so doch ein entschiedenes Widerstreben, das französische Wohl-
wollen mit einem greifbaren Gewinn für Frankreich zu bezahlen.
Dagegen paßte Osterreichs Antrag zu allen seinen
Zwecken: die Bereitwilligkeit, Venctien abzutreten, erledigte
die italienische Frage, und der Entschluß, dann alle Kraft
Osterreichs in den preußischen Krieg zu werfen, eröffnete Frank-
reichs Wünschen für seine Ostgrenze die besten Aussichten.
Alle französischen Generale behaupteten die unbedingte Über-
legenheit der österreichischen Armee über die preußische, und
obgleich dem Kaiser die Sicherheit dieses Urtheils nicht er-
wiesen däuchte, so wurde doch auch nach seiner Ansicht mit
dem Rücktritt Italiens die preußische Sache in hohem Grade
mißlich, und wenn somit nach langem Ringkampf Preußen
in schweres Gedränge käme, könnte Napoleon als Helfer und
Ketter dazwischen treten, und dann die künftige Gestaltung
des deutschen Bundes nach französischem Interesse reguliren.
So entschied er sich, dem ungelehrigen Preußen den Rücken
zu wenden.
Am 5. Mai ließ er den italienischen Gesandten Nigra
rufen, um ihm folgenden Vorschlag Osterreichs mitzutheilen.
„Osterreich ist bereit, Venctien abzutreten, so bald es sich
Schlesiens bemächtigt hat. Frankreich und Italien würden
versprechen, Preußen nicht zu unterstützen, und neutral zu
bleiben. Venedig würde dem Kaiser Napoleon überliefert