1866 Ablehnung durch die italienische Regierung. 373
in dem heißen Drange, endlich die volle Unabhängigkeit Italiens
mit dem besten Blute seiner Söhne zu besiegeln. Und dann
die weitern Folgen jenes schimpflichen Handels! Osterreich
wäre auch nach der Abtretung ein Feind, und nach Preußens
Besiegung ein doppelt furchtbarer Feind Italiens geblieben;
die Verbindung mit Preußen wäre durch den Vertragsbruch
auf lange zerrissen, und unterdessen Italien gegen Osterreichs
Übermacht fort und fort auf demüthiges Flehen um Frank-
reichs Beistand angewiesen. Ein Sturm der Entrüstung
aller Parteien hätte, wenn La Marmora annahm, sein Mini-
sterium binnen 24 Stunden hinweggefegt.
So stellte er denn dem Kaiser Napoleon die Mißlich-
keit seiner Lage vor, und freute sich, daß dieser sie gnädig
anzuerkennen schien. Ubrigens fügte La Marmora noch hinzu,
daß der preußische Vertrag ja am 8. Juli ablaufe; wenn
man bis dahin die Zeit mit den angekündigten Congreßver-
handlungen hinbringe und damit eine preußische Kriegs-
erklärung vor jenem Termin verhindere, so würde die italie-
nische Regierung dann wieder volle Freiheit für jede Ent-
schließung haben: eine Andeutung, welche freilich nicht in
formellem Widerspruch zu dem Bundesvertrage stand, immer
aber erkennen ließ, wie viel lieber im Frieden als im Krieg,
wie viel lieber durch den französischen Schutz als durch den
preußischen Bund, La Marmora Venetien erlangt hätte.
Es bedarf nicht der Bemerkung, daß La Marmora sich
hütete, dem preußischen Bundesgenossen eine Mittheilung über
diese geheime Correspondenz zu machen. Nach seiner ab-
lehnenden Antwort kehrte dann auch Napolcon gegen Goltz
wieder die freundliche Seite heraus, versicherte, daß er an
Gebietserwerbung nicht denke, und behauptete, nichts mehr