1866 Baron Anton von Gablenz. 375
Ein Bruder des österreichischen Statthalters von Hol-
stein, Baron Anton Gablenz, war in Preußen ansässig, hatte
eine Zeitlang einen Sitz im Berliner Abgeordnetenhause ein-
genommen, und dort durch zuverlässige Gesinnung und tüch-
tige, wenn auch nicht glänzende Begabung, die Achtung Aller,
die mit ihm in Berührung kamen, gewonnen. Daß dem
Brüderpaar der Riß zwischen ihren Staaten durch die Seele
ging, war natürlich, und ohne Zweifel geschah es nicht ohne
Mitwirkung des Statthalters, daß im April Baron Anton
bei dem Grafen Mensdorff erschien, um ihm einen Vermitt-
lungsplan in dem großen Streite vorzulegen. Graf Mens-
dorff nahm ihn freundlich auf, bedeutete ihm aber, seinen
Entwurf zunächst dem preußischen Cabinet zu unterbreiten;
er gab ihm ein privates Einführungsschreiben nach Berlin
mit, und sprach sich gegen Baron Werther nicht ungünstig
über Gablenz's Gedanken aus. In den ersten Tagen des
Mai, also in dem Augenblicke, wo Goltz jene drohenden Zu-
muthungen Napoleon's einsandte, verhandelte darauf Gablenz
seinen Entwurf mit Bismarck, und fand auch hier bereitwilliges
Gehör. Seine Vorschläge waren einfach und deshalb zweck-
entsprechend. Osterreich hatte ein selbständiges, Preußen ein
preußisches Schleswig-Holstein begehrt: Gablenz gab anheim,
die Souveränität der Herzogthümer als eines unabhängigen
Staats einem preußischen Prinzen zu übertragen. Preußen
hatte für ein selbständiges Schleswig-Holstein die Februar-
Bedingungen gestellt, ÖOsterreich dieselben als unverträglich
mit der Bundeskriegsverfassung abgelehnt: Gablenz schlug
die Reform dieser Verfassung, und zwar ebenso zu Osterreichs,
wie zu Preußens Gunsten vor, in der Weise, daß in Krieg
und Frieden Österreich den Oberbefehl über alle süddeutschen,