384 Letzter Einigungsversuch. 1866
durch die jetzigen Rüstungen ein Entschluß dieser Art in
hohem Maaße erschwert, wenn nicht unmöglich geworden.
So berichtete auch Manteuffel, daß er bei einem neuen Ge-
spräche seinen Collegen ungleich zugeknöpfter gefunden; ohne
Zweifel hatte dieser aus Wien ungünstige Antwort erhalten.
Ebenso schrieb Werther, er habe von Mensdorff auf eine Be—
merkung, daß Osterreich zum Gelingen der Unterhandlung die
Rücksicht auf die Mittelstaaten etwas in den Hintergrund
treten lassen müsse, eine entschiedene Ablehnung erfahren.
Indessen nahm der Minister, als Anton Gablenz, durch die
Militärtransporte verspätet, am 22. Mai in Wien ankam,
ihn durchaus freundlich auf, und versprach ihm, sogleich eine
Audienz bei dem Kaiser zu erwirken. Dieselbe hatte am 25.
Statt, und dauerte fünf Viertelstunden. Nach einigen Er-
örterungen über Augustenburg und die Priorität der Rüstungen
sprach Gablenz die Hoffnung aus, daß zur Beseitigung des
jetzt zwischen den beiden Cabinetten bestehenden Mißtrauens
sich wohl in der Person des Generals von Manteuffel ein
Vertrauensmann finden ließe, welchem der König sicherlich
die nöthige Vollmacht geben würde, wenn der Kaiser den
Statthalter von Holstein mit gleicher Vollmacht versehen
wollte. Der Kaiser begehrte jedoch zunächst Gablenz's ein-
zelne Vorschläge zu hören. Gablenz las vor; der Kaiser
stellte Fragen, Gablenz gab nähere Erläuterung. Der Kaiser
sagte dann, es sei wahrhaft zu bedauern, daß diese Vor-
schläge nicht vor sechs oder acht Wochen gemacht worden,
wo man dieselben sicher angenommen hätte; muthmaaßlich
liege dabei eine tiefere Absicht zu Grunde, daß Graf Bis-
marck diese annehmbaren Propositionen erst zu einer Zeit
mache, wo die Annahme nicht mehr möglich sei. Trotz aller