Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Gablenz's Audienz beim Kaiser. 385 
Bescheidenheit, sagte Gablenz, muß ich bemerken, daß die 
Vorschläge nicht von dem Grafen Bismarck, sondern von mir 
herrühren. Allein er machte damit wenig Eindruck; die Ur- 
heberschaft, berichtete er nachher, blieb auf Bismarck sitzen, 
und das Mißtrauen gegen diesen war größer, als das Ver- 
trauen zu meiner Erfindungskraft. Indessen wurde er nicht 
ungnädig entlassen: ich werde, sagte der Kaiser, die wichtige 
Sache erwägen und Ihnen Antwort zukommen lassen; so viel 
ist klar, daß bei diesem Abkommen Preußen den Löwenantheil 
erhält, und Osterreich weniger geboten wird. 
An demselben Tage äußerte Mensdorff gegen den Baron 
Werther, er finde in Gablenz's Vorschlägen manchen an- 
nehmbaren Punkt, wisse aber nicht, ob jener heute noch 
damit durchdringen werde. Hier halte jedermann Preußen 
für den Urheber des, wie es scheine, unvermeidlichen, italie- 
nischen Kriegs; das sei der wahre Grund der in Österreich 
herrschenden Erbitterung gegen Preußen, und der Kaiser 
dürfe die öffentliche Meinung seines Landes nicht vernach- 
lässigen. 
Es waren gute Worte, und ohne Zweifel auch aufrichtige 
Wünsche des Ministers, wenn er hier von manchen annehm- 
baren Punkten redete. Aber wie während der Verhandlung 
über die Abrüstungsfrage die österreichischen Gencrale unauf- 
hörlich weiter rüsteten, so hatte es auch Graf Mensdorff für 
richtig gehalten, während der Unterhandlung Gablenz's Schritt 
auf Schritt in dem diplomatischen Kampfe gegen Preußen 
vorwärts zu thun, und dadurch Osterreichs Politik an die 
der Mittelstaaten unauflöslich fest zu ketten. Als am 19. Mai 
die Bamberger ihren Antrag auf allgemeine Euntwaffnung in 
Frankfurt einbrachten, nahm der österreichische Gesandte den 
v. Sybel, Begrüundung d. deutschen Reiches. IV. 20
	        
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