Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

394 Ssterreich und Frankreich. 1866 
drohte europäische Gefahren, und war vollends auf dem 
Congresse nicht zu beantragen, geschweige denn durchzusetzen. 
Auch fehlte ihm jene französische Selbstgefälligkeit, welche 
ganz ehrlich jede französische Eroberung als ein Glück für 
die Unterworfenen betrachtet: ich habe nicht Lust, sagte er, 
mir ein deutsches Venetien zu erschaffen. Statt dessen hatte 
er sich für den Congreß ein Programm ersonnen, welches 
anstatt Landgewinns leitenden Einfluß Frankreichs in Deutsch- 
land verhieß. Osterreich würde für den Verlust Venetiens 
mit Schlesien entschädigt werden. Preußen empfinge dafür 
Schleswig-Holstein und außerdem noch etwa Sachsen und 
zwei oder drei Kleinstaaten, sowie die militärische Hegemonie 
über Norddeutschland. Hiedurch gewaltig verstärkt, würde es 
den deutschen Westen völlig räumen und sich aus der Nähe 
der französischen Grenze durch Abtretung der Rheinprovinz 
zurückziehen. Dort könnten dann die depossedirten Fürsten 
in kleinen Herzogthümern untergebracht werden, welche 
zum deutschen Bunde gehörten, aber unter französischem 
Schutze ständen. Die süd= und mitteldeutschen Staaten 
würden einen selbständigen Bund bilden, welcher mit Öster= 
reich und Prcußen gewisse feste Beziehungen behielte, immer 
aber gegen deren Ehrgeiz an Frankreichs Gönnerschaft einen 
sichern Rückhalt hätte. Auch ließe sich vielleicht aus den 
Landschaften des linken Rheinufers, von der elsasser bis zur 
holländischen Grenze, ein neutraler Staat nach belgischem 
Muster bilden, um den Schein einer unmittelbaren Berührung 
zwischen Deutschland und Frankreich zu beseitigen Mit einer 
solchen Erneuerung des Rheinbundes, meinte er, könnten alle 
französischen Politiker zufrieden sein. Höchst wahrscheinlich 
würden übrigens die Verhandlungen des Congresses sich über
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.