398 Osterreich und Frankreich. 1866
auf das Capitol fahren zu können, so täusche er sich; er
werde unterwegs umwerfen, und Frankreich die Centralisirung
Deutschlands unter preußischer Führung nicht dulden; auch
möge Bismarck nicht glauben, daß sein italienisches Bündniß
ein festes Bollwerk für jede Tollkühnheit sei; der Kaiser
werde das von ihm geschaffene Italien in fester Abhängigkeit
zu erhalten wissen!).
In der That hatte Italien in diesem Augenblicke Napo-
leon's Gnade nicht weniger als Preußen verwirkt. Zwar
mahnte König Victor Emannel den Grafen Usedom, und
Comthur Nigra den Grafen Goltz wiederholt, Preußen möge
den französischen Imperator durch das Anerbieten kleiner
rheinischer Landstriche gewinnen; da aber von Bismarck keine
feste Zusage solcher Art zu erlangen war, so erndtete die
italienische Regierung für diese nutzlosen Bemühungen in
Paris keinen Dank. Um so verdrießlicher wurde dort die
selbständige Haltung vermerkt, welche sie gegenüber dem Vor-
schlage des Congresses bewahrte. Gleich auf die erste Mel-
dung darüber erklärte La Marmora in einem Rundschreiben
an alle Höfe, daß Italien bereit sei, in den Congreß ein-
zutreten, den Wunsch der neutralen Mächte aber, vor dem
Beginn der Congreßverhandlung zu entwaffnen, unmöglich
erfüllen könne — cine Erklärung, welcher auch das preußische
Cabinet einige Tage später beitrat. Als dann La Marmora
aus London die Nachricht erhielt, dort sei das Gerücht von
einer freiwilligen Abtretung Venetiens an Frankreich ver-
breitet, beeilte er#sich, am 14. Mai dem Comthur Nigra die
1) Goltz erfuhr dies durch La Gueronnière: Bismarck bezweifelte
allerdings dessen Zuverlässigkeit.