Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Geheime Verhandlung zwischen Wien und Paris. 403 
tretung Venetiens nimmermehr als Gegenstand einer Congreß- 
verhandlung ohne Kampf und Waffenehre zuzulassen, wenn man 
auch bereit blieb, sie im Falle eines siegreichen Kriegs gegen 
den Gewinn von Schlesien zu vollziehen. Je mehr sich die 
Hecresrüstung im Norden und Süden der Vollendung näherte, 
desto entschiedener wurde — nicht gerade bei den Generalen, 
wohl aber bei den meisten Staatsmännern der Hofburg — 
die Überzeugung einer sichern und vollständigen Niederlage 
Preußens, so daß es nur noch darauf ankommen konnte, in 
der Ausbentung des Siegs nicht etwa durch Frankreich ge- 
stört zu werden. Wie die Verhandlung dieser Frage in Wien 
und Paris im Einzelnen verlief, ist unbekannt. Gewiß aber 
ist, daß um den 24. Mai der Herzog von Gramont in Paris 
eintraf, und dem Kaiser Napoleon die Erklärung wiederholen 
konnte, Osterreich sei bereit, unter gewissen Bedingungen schon 
vor dem Kriege Venetien dem französischen Monarchen zur 
Verfügung zu stellen!). Diese Mittheilung schloß die Ab- 
lehnung des Congresses in sich: vor dem Kriege wollte Oster- 
reich Venetien opfern, also nicht ohne einen Krieg, und folglich 
nicht auf einem Congresse. Auch dagegen wird sich schwerlich 
ein Zweifel erheben, daß der eifrig klerikale Gramont den 
österreichischen Standpunkt warm empfohlen, der gleichgesinnte 
Minister ihn dabei dringend unterstützt, und Fürst Metternich 
1) Gramont erwähnt dies in einem späteren Briefe an Drouyn de 
Lhuys vom 17. Juli. Rothan, la politidlue française en 1806, p. 444. 
Wenn Rothan l. c. p. 155 ff. erzählt, Napoleon und Drouyn de 
Lhuys hätten nach Gramont's Eröffnungen so sicher die Annahme des 
Congresses durch Osterreich erwartet, daß der Minister noch am 4. Juni 
bei einem landwirthschaftlichen Feste auf den guten Erfolg des Con- 
gresses getoastet hätte, so ist dies wenig glaublich, da Osterreich seine 
Antwort am 1. Juni gegeben, und Napoleon dieselbe schon am 3. als 
gleichbedeutend mit Ablehnung bezeichnet hat. 
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