Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

410 Esterreich und Frankreich. 1866 
vielleicht auf Kosten des Prinzen Karl von Hohenzollern in 
Rumänien? Erst vor wenigen Wochen war die Erwählung 
des Letzteren unter thätigem Zusammenwirken Preußens und 
Frankreichs erfolgt; jetzt aber, nachdem Preußen jedes An- 
gebot rheinisches Landes verweigert hatte, redete Napoleon 
zur peinlichen Überraschung des Grafen Goltz mit scharfer 
Ungunst von der Einsetzung des Prinzen. 
Ganz anders hatte Osterreich in dieser Beziehung, wenn 
wir der Aussage des damaligen Cabinetschefs unter Drouyn 
de Lhuys, Baron André, trauen dürfen, seine Interessen bei 
Napoleon zu wahren gewußt. André erzählte drei Jahre 
später, am 29. Mai 1869, dem preußischen Botschaftsrathe, 
Grafen Solms-Sonnewalde, Folgendes: „Unser Vertrag 
mit Osterreich sicherte uns, wenn es siegte, die Erwerbung 
des Rheins. Sie wissen dies längst; also brauche ich Ihnen 
kein Geheimniß daraus zu machen. Allerdings war in dem 
Vertrage der Rhein nicht ausdrücklich genannt, aber unter den 
Compensationen, die wir eventuell zu fordern berechtigt waren, 
war eben der Rhein verstanden.“ Dieselben Angaben theilte 
im October 1869 dem Grafen Solms der General Caillé 
mit, unter spezieller Bezeichnung der rheinischen Gebietstheile, 
welche für die französische Annexion bestimmt waren. 
Hat sich dies Alles so verhalten, so wird man den 
Inhalt des am 9. Juni paraphirten, am 12. abgeschlossenen 
Vertrags kurz dahin zusammen fassen können: Frankreich gab 
Italiens Einheit dem Wiener Hofe, dafür gab Osterreich die 
Selbständigkeit Deutschlands den Franzosen Preis. 
Nach der Ansicht Drouyn de Lhuys' wäre, wie mit 
Osterreich, so auch mit Preußen, noch vor dem Ausbruche des 
Kriegs ein Vertrag über die künftige Gestaltung der deutschen
	        
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