412 Esterreich und Frankreich. 1866
Interesse liegen, und auch dieser würde höchstens in eine
mehr oder weniger bedeutende Grenzverbesserung willigen.
Diese exceptionelle Belobung hatte sich Bismarck auf
folgende Weise zugezogen. Es versteht sich, daß er so wenig
wie sein König von Hingabe deutsches Landes etwas wissen
wollte. Die dem Grafen Benedetti so verwunderliche Doctrin,
daß die deutsche Nation berechtigt sei, ihre Verfassung ohnefremde
Erlaubniß umzubilden, war der Inhalt seines ganzen Daseins
geworden, und so war das Pariser Verhalten, für eine solche
Erlaubniß einen Entgelt an Land und Leuten zu fordern,
in seinen wie in jedes deutschen Mannes Augen eine rechtlose
Anmaaßung. Was hätte Frankreich erwidert, wenn bei dessen
Revolutionen 1830, 1848, 1851 Deutschland im Namen der
alten Verträge oder auf Grund des gestörten Gleichgewichts
sich eingemischt und eine Landabtretung begehrt hätte? Wie
aber in einem solchen Falle Lafayette 1830 oder Louis
Napoleon 1851 empfunden hätte, so empfand jetzt auch Bis-
marck. Die gebührende Antwort auf jede Zumuthung dieser
Art ließ sich nur mit der Hand am Schwertgriff geben; dies
aber wäre freilich im Juni 1866 ein Act des Wahnsinns
gewesen. Demnach beschloß Bismarck, hinzuhalten, den Aus-
spruch eincs kategorischen Nein zu vermeiden, von der
Schwierigkeit, aber nicht geradezu von der Unmöglichkeit
einer Compensation zu reden. Nichts lag dabei näher als
die Wendung, daß man zwar nach dem Nationalitätsprincip
deutsches Land nicht abtreten könne; wenn also Frankreich
schlechterdings etwas erwerben wolle, so möge es auf Grund
desselben Princips französisch redende Bezirke annectiren.
Dann drängten, wie erwähnt, die Italiener, in ihrer Sorge
über Napolcon's unheimliche Politik, fort und fort in