418 Ssterreich und Frankreich. 1866
Genug, Napoleon war mit seinem Werke zufrieden und
crachtete den Gewinn seiner Partie nach aller menschlichen
Voraussicht so sehr gesichert, daß er gleich nach der Para-
phirung des Wiener Vertrags ein Manifest entwarf, welches
für Frankreich und Europa seine Politik in das gebührende
Licht setzen sollte. Es wurde dem gesetzgebenden Körper am
12. Juni unter der Form eines kaiserlichen Schreibens an
den Minister Drouyn de Lhuys vom 11. vorgelegt. Darin
erklärte Napoleon zunächst, daß Frankreich keine Vergrößerung
seines Gebietes verlange, es wäre denn, daß eine andere
Großmacht durch erhebliche Vergrößerung das Gleichgewicht
Europas störe, und daß benachbarte Provinzen durch freie
Volksabstimmung die Vereinigung mit Frankreich begehrten.
Auf dem Congresse würde Frankreich für die deutschen Mittel-
staaten eine festere Organisation und erhöhte Bedeutung, für
Preußen eine bessere Gleichartigkeit und Kraft im Norden,
für Osterreich die Erhaltung seiner großen Stellung in
Deutschland verlangt haben; zugleich hätte er, nachdem
Österreich im Namen des Nationalitätsprincips Dänemark
bekriegt habe, kraft desselben Princips die Abtretung Venetiens
gegen verhältnißmäßige Entschädigung gewünscht. Ictzt, wo
statt des Congresses der Krieg bevorstehe, habe Frankreich
nur zwei Aufgaben, die Bewahrung des europäischen Gleich-
gewichts und die Erhaltung seiner Schöpfung in Jtalien.
Um diese zu decken, reiche Frankreichs moralische Kraft aus;
es brauche deshalb nicht zum Schwerte zu greifen, zumal es
die Erklärung der am Streite betheiligten Mächte habe, daß
keine Frankreich berührende Frage ohne dessen Zustimmung
gelöst werden solle. Bleiben wir also, schloß er, in einer
aufmerksamen Nentralität.