Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1866 Preußische Erklärung am Bundestag. 423 
rung erfahren. Preußen habe die Angelegenheit stets als 
eine nationale betrachtet, und noch am 7. Mai dem Wiener 
Hofe den Vorschlag gemacht, sie in Verbindung mit der 
Bundesreform zu regeln. Auch jetzt erwarte es nur den 
Augenblick, wo es die Frage mit einer Bundesgewalt ver- 
handeln könne, in welcher die Mitwirkung einer National- 
vertretung dem Einfluß particularer Interessen das Gegen- 
gewicht halte, und Bürgschaft gewähre, daß die von Preußen 
gebrachten Opfer dem- gesammten Vaterlande, und nicht der 
dynastischen Begehrlichkeit zu Gute kämen. Unter den jetzigen 
Umständen aber sei Einspruch dagegen zu erheben, daß über 
preußische, durch blutige Kämpfe und internationale Verträge 
erworbene Rechte, ohne Preußens Zustimmung Verfügung 
getroffen werde. 
Auch in dieser Erörterung zeigte sich wieder neben der 
unerschütterlichen Energie und Consequenz des preußischen 
Staatsmannes seine Mäßigung und Unsicht. Osterreich 
gegenüber wären seine Streiche noch viel empfindlicher ge- 
wesen, wenn er sich einfach auf den Standpunkt jener Wiener 
Note vom 10. Januar gestellt, und mit dieser österreichischen 
Darlegung jetzt gegen Osterreich jede Competenz des Bundes 
in der Sache der Herzogthümer bestritten hätte. Ich bin 
nicht so weit gegangen, schrieb er damals an Savigny, weil 
mir daran lag, einer künftigen besseren Bundesgewalt die 
Einwirkung auf die Sache nicht völlig zu verschließen. Es 
war ihm Ernst mit der Erklärung, daß ein deutsches Parla- 
ment ein Bollwerk gegen particulare und dynastische Selbst- 
sucht, und eben deshalb eine Stütze der von ihm vertretenen 
preußischen Politik sein würde. So begnügte er sich, dem 
jetzigen Bundestage nur die Forderung entgegen zu halten,
	        
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