1866 Bismarck's Brief an den Herzog von Sachsen-Coburg. 427
daß die übrigen Artikel, oder irgend etwas ihnen Ahrliches,
auf einen Bund anwendbar seien, welcher Osterreich zum Mit-
gliede hat. Ich weiß nicht, ob und was er mir darauf ent-
gegnen wird, sehe aber immer in ihm einen der ehrlichsten
und vorurtheilsfreiesten Förderer deutscher Interessen. Wir
können Osterreich den bisherigen Bund gewähren, aber
ein besseres Verhältniß gemeinsam mit Osterreich auszubilden,
halte ich für schwieriger als die Cirkelquadratur, denn die
Aufgabe ist nicht einmal annähernd zu lösen.
„Daß der vorliegende Entwurf den Beifall der öffent-
lichen Meinung haben werde, glaube ich nicht; denn für den
deutschen Landsmann genügt im Allgemeinen die Thatsache,
daß jemand eine Meinung ausspreche, um sich der entgegen-
gesetzten mit Leidenschaft hinzugeben; ich begnüge mich mit
den Worten: Qui trop embrasse, mal étreint, und mit dem
andern, daß Rom nicht an einem Tage gebaut wurde, wenn
es auch schon in den ersten Anfängen durch Raub der Sabi-
nerinnen ein erhebliches Odium auf sich lud. Ich glaube,
daß auch dem germanischen Rom der Zukunft, falls Gott
ihm überhaupt eine bescheert, einige Gewaltthat an den
Sabinern nicht erspart bleiben wird, und möchte sie auf ein
Minimum reduciren, der Zeit das Weitere überlassend.
„Osterreich hat in Holstein einstweilen den Handschuh
nicht aufgenommen, aber vielleicht ist die morgen oder über-
morgen Statt findende Bundestagssitzung, in welcher die Exe-
cution gegen Preußen beantragt werden wird, der erste Ton
des glas funebre für den bisherigen Bund, und wir werden
rufen: le Roi est mort, virve le Roi. Hoffentlich bleibt
dann noch so viel Frist, daß Ew. Hoheit Contingent nicht
die Leichenwache bei dem todten Könige in Rastadt zu