Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1864 Preußens Erklärungen in Wien. 49 
in solcher Weise rechtswidrigen Beschlusse gewaltsamen Wider- 
stand entgegen zu setzen, und legen Werth darauf, diesen 
unsern Entschluß zweifellos zu constatiren. Unsere europäischen 
Interessen und unsere monarchischen Grundsätze verbieten uns, 
unsere Politik von einer Mehrheit kleinstaatlicher Regierungen 
abhängig zu machen, welche ihrerseits wieder von ihren klein- 
staatlichen Parlamenten dirigirt werden. 
lber Schleswig-Holstein bemerkte die zweite Depesche, daß 
Preußen weder Oldenburg noch Augustenburg unbedingt aus- 
schließe, aber sich nicht dem Vorwurf einer übereilten Ent- 
scheidung ohne rechtliche Prüfung aussetzen wolle. Wiederholt 
habe Osterreich erklärt, daß keiner der Prätendenten einen 
Anspruch auf die Gesammtheit der Herzogthümer würde nach- 
weisen können, und wir seien ganz derselben Ansicht. Bis das 
Nähere ermittelt wäre, stehe der rechtliche Besitz den beiden 
Mächten, und nur diesen zu. Er bilde den Status quo, von 
dem Mensdorff ganz richtig sage, daß es zu einer Verände- 
rung desselben der Zustimmung jeder der beiden Regierungen 
bedürfe. Preußen bekenne also rückhaltlos, daß es auch die 
so vielfach gewünschte, für die Sicherheit Norddeutschlands 
vortheilhafte Annexion Schleswig-Holsteins nicht ohne die 
Zustimmung Osterreichs erlangen könne. Ebensowenig aber 
seien wir verpflichtet, in ein Arrangement zu willigen, welches 
unserem Interesse nicht entspräche oder gar dasselbe gefährden 
würde. Die Einsetzung Augustenburg's würde uns Oldenburg, 
Hannover und Rußland entfremden; auch seien die Branden- 
burger Ansprüche noch nicht erwähnt, welche schon 1846 viel- 
fach zur Sprache gekommen seien. Vor Allem aber, fuhr 
die Depesche fort, komme es auf die Frage an, unter welchen 
Bedingungen wir vor dem eigenen Lande den Verzicht auf 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. IV. 4
	        
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