60 Die preußischen Februar-Forderungen. 1865
wir zuerst kämpfen müssen. Allerdings wird während eines
allgemeinen Friedensstandes in Europa Dänemark trotz aller
Erbitterung für sich allein nicht leicht einen solchen Angriff
wagen. Er würde aber bei irgend einer europäischen Krisis
nicht lange auf sich warten lassen, und bei einer solchen wäre
Osterreich anderwärts beschäftigt und nicht in der Lage, uns
so wirksam wie im vorigen Jahre zu unterstützen. Da wäre
es denn für uns von der höchsten Wichtigkeit, daß namentlich
Schleswig nicht im ersten Anlauf genommen würde, und wir
es wie dieses Mal mit schweren Opfern wieder erobern
müßten. Unter einem selbständigen und deshalb ohnmächtigen
Augustenburger Herzog würde dies aber ganz sicher geschehen:
wir können dagegen nur durch starke territoriale Befestigungen
und militärische Einrichtungen gesichert werden, welche, in
unserer Hand befindlich und organisch mit den unfrigen ver-
bunden, es möglich machten, dem ersten Anprall zu wider-
stchen, und ein rasches Uberlaufen des Landes durch den
Feind, wie solches 1850 gegen eine verhältnißmäßig zahl-
reiche und gute holsteinische Armee geschah, zu verhindern.
Solche starke militärische Bürgschaften mit den verwickelten
und wenig praktischen Vorschriften der Bundeskriegsverfassung
in Einklang zu setzen, ist keine leichte Aufgabe. Wenn Oster-
reich so eilig ist, möge es selbst doch uns Vorschläge machen,
welche annehmbar genug sind, um eine Anderung des Status
quo für uns zulässig zu machen.
Wir drängen, sagte Karolyi, aus dem einfachen Grunde,
weil der europäische Friede bedroht ist, so lange die Frage
offen bleibt.
Ein großer Irrthum! rief Bismarck. So lange wir
einig bleiben, rührt sich keine der Großmächte gegen den