Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Vierter Band. (4)

1865 Bismarck's Schreiben an Goltz, 20. Februar. 75 
wir nicht einmal erwarten, daß das deutsche Nationalgefühl sich 
für eine durch Preußen wieder aufgelegte Rheinbundspolitik und 
für ein verstümmeltes Schleswig-Holstein erwärmen würde."“ 
„Das Bündniß mit Frankreich ist nur ein Nothanker 
für den Fall, daß das Wiener Cabinet uns einen billigen 
Abschluß versagt. Dann, nachdem sein Bündniß sich für uns 
als werthlos erwiesen hätte, oder wenn es durch Osterreichs 
Initiative sich löste, würden wir, vor Deutschland und Europa 
gerechtfertigt, offen mit Frankreich abschließen können."“ 
„Verglichen mit den Verhältnissen, die ein Versuch, uns 
der eventuellen Absichten Frankreichs zu vergewissern, erst 
schaffen würde, halte ich den gegenwärtigen Stand der Dinge 
für den günstigeren. Jede von beiden Mächten, Frankreich 
wie Osterreich, hält sich bisher die Möglichkeit gegenwärtig, 
daß wir uns der andern weiter, als bisher geschehen, nähern 
könnten, und der Druck einer solchen Besorgniß hat mehr 
Wirkung, als das eingetretene Übel selbst. Osterreich würde 
in dem ausgebrochenen Kriege gezwungen sein, einen Muth 
zu gewinnen, welchen gegenüber der Besorgniß vor einem 
Kriege zu fassen, ihm erfahrungsmäßig schwer fällt.“ 
„Sollen wir im Vertrauen auf Frankreich, mit Oster= 
reich brechen, oder doch dem Cabinet der Tuilerien das sichere 
Mittel zur Herbeiführung dieses Bruchs in die Hand legen, 
so müssen wir uns fragen, welchen Grad von Aufrichtigkeit 
wir in dem Entgegenkommen eben dieses Cabinets voraus- 
setzen können. Wir haben kein Recht, eine gemüthliche Hin- 
gebung für Preußen in der französischen Politik vorauszusetzen, 
wie auch unsere Politik von derartigen Gefühlen für irgend 
eine fremde Macht frei ist. Wir beklagen uns daher nicht 
über die vorliegenden Thatsachen.“
	        
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