1865 Bismarck's Schreiben an Goltz, 20. Februar. 75
wir nicht einmal erwarten, daß das deutsche Nationalgefühl sich
für eine durch Preußen wieder aufgelegte Rheinbundspolitik und
für ein verstümmeltes Schleswig-Holstein erwärmen würde."“
„Das Bündniß mit Frankreich ist nur ein Nothanker
für den Fall, daß das Wiener Cabinet uns einen billigen
Abschluß versagt. Dann, nachdem sein Bündniß sich für uns
als werthlos erwiesen hätte, oder wenn es durch Osterreichs
Initiative sich löste, würden wir, vor Deutschland und Europa
gerechtfertigt, offen mit Frankreich abschließen können."“
„Verglichen mit den Verhältnissen, die ein Versuch, uns
der eventuellen Absichten Frankreichs zu vergewissern, erst
schaffen würde, halte ich den gegenwärtigen Stand der Dinge
für den günstigeren. Jede von beiden Mächten, Frankreich
wie Osterreich, hält sich bisher die Möglichkeit gegenwärtig,
daß wir uns der andern weiter, als bisher geschehen, nähern
könnten, und der Druck einer solchen Besorgniß hat mehr
Wirkung, als das eingetretene Übel selbst. Osterreich würde
in dem ausgebrochenen Kriege gezwungen sein, einen Muth
zu gewinnen, welchen gegenüber der Besorgniß vor einem
Kriege zu fassen, ihm erfahrungsmäßig schwer fällt.“
„Sollen wir im Vertrauen auf Frankreich, mit Oster=
reich brechen, oder doch dem Cabinet der Tuilerien das sichere
Mittel zur Herbeiführung dieses Bruchs in die Hand legen,
so müssen wir uns fragen, welchen Grad von Aufrichtigkeit
wir in dem Entgegenkommen eben dieses Cabinets voraus-
setzen können. Wir haben kein Recht, eine gemüthliche Hin-
gebung für Preußen in der französischen Politik vorauszusetzen,
wie auch unsere Politik von derartigen Gefühlen für irgend
eine fremde Macht frei ist. Wir beklagen uns daher nicht
über die vorliegenden Thatsachen.“