1865 Unmöglichkeit einer Entwicklung d. Heerwesens u. d. Seemacht. 83
man sich ohne Zweifel mit der nothdürftigen Bereithaltung
des für Holstein festgesetzten Bundescontingents von 6000
Mann begnügt, statt dasselbe bei dem Hinzutritt Schleswigs
zu verdoppeln. Zur Entschädigung für dies Alles hätte
sich freilich der eine Vortheil ergeben: Deutschland hätte dann
30 statt 29 souveräner Höfe besessen.
Dagegen bei der Annexion hätte Preußen jenen Schulden-
zuwachs von 44 Millionen übernommen; die Civilliste und
ein erheblicher Theil der Centralbehörden wäre fortgefallen;
statt dessen wäre das preußische Heerwesen eingeführt worden,
welches im Jahre 1865 zwei Thaler auf den Kopf der
Bevölkerung forderte, und dafür nicht 6000, sondern im
Frieden 10 000, im Kriege 30000 Combattanten von jeder
Million Einwohner aufstellte, und alle Mittel damals auf-
bot, zu der Entwicklung einer seetüchtigen Kriegsmarine zu
gelangen.
Alle diese Daten lagen der preußischen Regierung vor
und gaben ihr das gute Gewissen, unabänderlich auf ihren
Forderungen, gleich sehr im Interesse der Herzogthümer,
Preußens und Deutschlands, festzustehen.
Leider waren sie dem Volke, sowohl in Schleswig-Hol-
stein als sonst in Deutschland, theils unbekannt, theils im
Eifer der Parteibewegung unbeachtet geblieben.
In Holstein, und großes Theils auch in Schleswig, hatte
das Kriegsjahr den Einwohnern nur geringe Belastung, ja
statt deren manche finanzielle Vortheile gebracht. Mit einem
Schlage waren seit December 1863 alle bisherigen Ausgaben
für die königliche Civilliste, die Ministerien in Kopenhagen,
die Armee und die Flotte, weggefallen, und die bisher nach
Kopenhagen gewanderten Erträge der Domänen im Lande
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